Uta M. Reindl
Maikäfer flieg
»50 Jahre später. 22 Künstlerinnen und Künstler aus Tschechien, Großbritannien und Deutschland«
Luftschutzbunker, Köln, 8. – 26.11.1995
Eine der bemerkenswerten Veranstaltungen parallel zur ART Cologne ’95 war das freie Projekt “Maikäfer flieg”, eine Gruppenausstellung mit 22 Künstlern aus Tschechien, Großbritannien und der Bundesrepublik. Diese fand an einem für den Titel höchst angemessenen Ort statt, in einem der wenigen Hochbunker Kölns nämlich, der anstelle der 1938 von den Nazis zerstörten jüdischen Synagoge in Altehrenfeld steht. Im Rahmen der Kölner Gedenkveranstaltungen “Fünfzig Jahre später” war diese Ausstellung von den beiden Künstlerinnen Heike und Uta Weber organisiert worden.
“Maikäfer flieg! Dein Vater ist im Krieg, deine Mutter ist im Pommerland, Pommerland ist abgebrannt. Maikäfer flieg!” so lautete der komplette Text des Kinderliedes, und “Maikäfer” bedeutet wohlbemerkt in der Soldatensprache “Kleiderlaus” oder “Querschläger eines Handfeuergeschosses”. Die zweifellos finstere Botschaft des Liedes hatten einige Künstler – alle haben übrigens den Zweiten Weltkrieg nicht miterlebt – mit ihren Exponaten aufgefangen: etwa die Tschechenin Katerina Vincourová in ihrer torsohaften, verkrüppelten Gummiskulptur mit Gewehren an einer Art Nabelschnur oder der Deutsche Markus Döhne, der Kellerräume des Bunkers in wahre Grabkammern verwandelt hatte: Seine Paraffinblöcke an den Wänden mit Kriegsgräber-Szenerien wirkten wie skurril installierte Miniatursärge oder -urnen.
Die meisten Arbeiten bezogen sich frei auf das Ausstellungssujet, manche eher schwach. Nachvollziehbar war da die Installation aus Porzellanscherben der Britin Christine Borland, das Ergebnis von Revolverschüssen, die allerdings auf der Ausstellung nicht zu sehen waren, weil sie an der Grenze konfisziert bleiben mußten. Statt dessen wurden sie durch Schilder mit…