Hermann Pfütze
“Mahrem – Anmerkungen zum Verschleiern”
Verhüllungsdiktat und Geschlechterspannung
TANAS in der Galerie René Block, 15.6. – 10.8.2008
“Mahrem” steht im Arabischen “für die männliche Verwandtschaft von Frauen” und umfasst im Türkischen “das breitere semantische Feld dessen, was verboten, unantastbar, geheim und heilig ist, wie auch dessen, was sich auf Reverenz und Respekt bezieht”. So die türkische Soziologin Nilüfer Göle im Begleittext der Ausstellung, die sie mit dem Kurator Emre Baykal konzipiert hat. Die Werke zeigen jedoch weder “den islamischen Mahrem, der auf dem Ausschluss von Frauen basiert, noch folgen sie den Mustern säkularer Emanzipation”, sondern sie zeigen einen “modernen Mahrem, der beide Seiten durcheinander bringt”. Weder religiös noch westlich, weder Mode noch Moschee – so skizziert Nilüfer Göle die doppelte Negation, die den Kopftuchdebatten und Konflikten um Verschleierungszwänge heute innewohnt.
TANAS ist das Palindrom von Sanat, dem türkischen Wort für Kunst, und ist eine Initiative der Vehbi Koc Foundation für Soziales, Bildung und Kultur in Istanbul, die in den neuen Räumen der Galerie René Block ihre erste Dépendance außerhalb der Türkei eingerichtet hat. “Mahrem” war im Herst 2007 in Istanbul zu sehen und ist, nach einer Einzelausstellung Kutlug Atamans, das zweite TANAS-Projekt in Berlin. Die Koc-Stiftung finanziert, René Block organisiert.
Zehn Künstlerinnen und Künstler aus der Türkei, dem Iran, Syrien, Algerien und Italien zeigen Bilder, Videos und Installationen zur ästhetischen und sozialen Realität der Verhüllung. Kutlug Ataman ist auch hier prominent vertreten mit seiner Simultan-Videoprojektion “Frauen, die Perücken tragen” von 1999. Vier aus unterschiedlichen persönlichen oder politischen Gründen…