ELISABETH BRONFEN
Magische Ausstrahlungskraft: Die Diva
EIN UNFALL IM STARSYSTEM
Während einer seiner späten Konzerte ist Elvis Presley beim Singen seines berühmten Schlagers “Are You lonely tonight” in schallendes Gelächter ausgebrochen, und konnte sich nicht mehr fangen. Ein glatzköpfiger Mann hatte ihm vom Publikum aus Grimassen geschnitten, und er hatte deshalb spontan eine Zeile der ersten Strophe abgeändert in “do you gaze at your bald head and wish you had hair.” Als der Zuschauer auf diesen Scherz mit Lachen antwortete, konnte Presley sich nicht mehr zurück halten, nicht zuletzt weil seine Abänderung des Textes auch sein Erstaunen zum Ausdruck brachte, dass seine Fans noch immer dieses alte Lied von ihm hören wollten, egal welche Worte er dabei sang. An dieser Brechung, typisch für einen seine ganze Karriere begleitenden Hang zur Selbstironie, lässt sich jedoch festmachen, was im folgenden als die Aporie des magischen Charmes der Diva ausgeführt werden soll. Dabei geht es um die Frage, warum jene Figuren unserer celebrity culture, deren Todestag wir im Sommer 2002 feiern – Evita Peron, Marilyn Monroe, Elvis Presley und Maria Callas – unsere Aufmerksamkeit so hartnäckig und so anhaltend auf sich zu ziehen gewusst haben, und daran geknüpft die Wette, dass es sich bei ihnen um inspirierte Störungen in unserer Ökonomie der Berühmtheit handelt. Diese schillernden Figuren, – so meine These – stellen jeweils einen Unfall im Zeichensystem des Starkults dar. In der Diva verbinden sich nämlich Körper und Images des Darstellers auf eine gefährlich extreme Weise. Apodiktisch formuliert: Am Starkörper der Diva erhält ein…