Made in Prenzlauer Berg: “A.O.C.” von Kat Menschik und Jan Hülpüsch
Bildergeschichten in Siebdruck, Erzähltext, handliches Format. Es sieht aus wie ein künstlerisch anspruchsvoller Comic, ist aber keins. Jedenfalls nicht ganz. Weil die Auflage sehr niedrig bei 200 numerierten Exemplaren liegt und das liebevoll handgemachte Heft Objekt-Charakter hat, könnte es sich eher um ein Kunst-Print handeln, das den Comic als Transport benutzt. Auf die Perspektive kommt es an. “A.O.C.” – in Anlehnung an das französische Weinsiegel – ist tatsächlich ein neues Nachwende-Genre made in Prenzlauer Berg. Und noch eine Besonderheit: Es ist diskursfrei bis zur erfrischenden Naivität. Nicht zufällig erscheint es im selbstgegründeten “Millionen”-Verlag, ein Name, der ironisch auf den Leistungsdruck der neuen Zeit anspielt.
Wo Vorgängermagazine (“Ursus Press”, “Sklaven”) vor und nach ’89 Kunst-Oasen inmitten der Sprachwüste errichteten, spiegelt “A.O.C.” die neuen Verhältnisse ironisch distanziert und radikalindividualistisch bis hin zum Drang, sich selbst auszudrücken. Kat Menschik und Jan Hülpüsch, die Gründer, erlernten an der Fachschule für Werbung und Gestaltung Berlin -Schöneweide die Praxis der Bildzeichen. Fragte man im Osten “Was ist ein Bild”, hieß es an Kunsthochschulen im Westen “Was ist ein Kunstwerk”. Das im Westen als sentimental verpönte “Handwerk” meinte den funktionellen Umgang mit der Visualität und keineswegs die technische Perfektion um ihrer selbst willen. Von diesen Materialitätskenntnissen profitieren Menschik und Hülpüsch heute. Ironischerweise nutzen sie modernste Computertechnik, um den Druckvorgang des traditionellen Siebdrucks vorzubereiten.
In bislang sechs Ausgaben – mit bleischweren Themen wie “Eis am Stiel”, “Wie der Stahl gehärtet wurde” und zuletzt “Russisch Brot” – kam eine neue, luftig-lustige…