Ingo Arend
Macht zeigen
»Kunst als Herrschaftsstrategie«
Deutsches Historisches Museum, Berlin, 19.2. – 13.6.2010
Der Kaiser bückt sich und ergreift einen Pinsel, der am Boden liegt. So wie der französische Maler Joseph Nicolas Robert-Fleury Kaiser Karl V. 1843 dargestellt hat, der den Maler Tizian im Atelier besucht, würde man sich das Verhältnis von Politik und Kultur vielleicht wünschen. Doch der Kotau der Macht vor der Kunst ist eher die Ausnahme in dem wechselvollen Verhältnis dieser beiden Antipoden. Meist geht es ja doch so zu, wie es Joseph Flüggen auf einer Zeichnung aus dem Jahr 1886 wiedergegeben hat. Ludwig I., König von Bayern hat sich da auf dem Sitz des Künstlers niedergelassen. Hofmaler Joseph Karl Stieler hat sich ängstlich hinter ihn gestellt und wartet auf das Urteil des Herrschers, der sein Werk kritisch mustert.
Dass sich die Macht gern mit der Kunst zeigt, sich mit ihr schmückt, sie gar als subtile Waffe einsetzt, ist keine ganz neue Erkenntnis. Diese Form von „Kunst als Herrschaftsstrategie“, so der Untertitel der von dem Karlsruher Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich klug zusammengestellten Schau, hat eine lange Kontinuitätslinie. Ullrich zitiert zu Beginn der Schau die Bildergalerie Franz I. in Fontainebleau. Dort hatte der französische König eine Sammlung der Kunst des Manierismus zusammengetragen. Als Ende 1593 sein Rivale Kaiser Karl V. dorthin zu Besuch kam, führte ihn der französische König durch die Schau und beeindruckte den Herrscher, in dessen Reich angeblich die Sonne nicht unterging, mit seinem Fachwissen. So wie hier ein Potentat dem anderen seine intellektuellen Grenzen aufzeigte, bedeutete das: Kunst…