KATHRIN LUZ
M_ARS. Kunst und Krieg
Neue Galerie Graz, 10.1. – 26.3.2003
Wir wollen den Krieg verherrlichen – diese einzige Hygiene der Welt, den Militarismus, den Patriotismus, die Vernichtungstat des Anarchisten, die schönen Ideen, für die man stirbt, und die Verachtung des Weibes” – Marinettis futuristisches Manifest von 1909 ist so entschieden in der Formulierung wie verräterisch in der Aussage. Es kündet von der Dialektik der Moderne, vergewaltigt den aufklärerischen Impetus der heiligen Avantgarde und macht sie für immer verdächtig, in dem er sie in der letzten Konsequenz der machistischen Barbarei zuschlägt. Ja, die Affäre von Kultur und Krieg, von Kunst und Gewalt, ist schon immer eine verhängnisvolle gewesen. Eine Grazer Großausstellung, inszeniert von dem Ausstellungskünstler Peter Weibel (in Zusammenarbeit mit dem Kurator Günther Holler-Schuster) ist angetreten, diese Verknotung aufzulösen. Dem Freudschen Kulturoptimismus – “Alles, was die Kulturentwicklung fördert, arbeitet auch gegen den Krieg” – kehren sie damit bewusst den Rücken. Die zunehmende Nivellierung der Grenzen zwischen Krise, Krieg und Kriminalität – spätestens seit Bush die Terrorismusbekämpfung zur nationalen Kriegshandlung erklärt und damit militant auf einen terroristischen Akt reagiert hat, der in seiner artifiziellen Bildinszenierung geradezu beängstigend perfekt war – dient den Kuratoren dabei argumentativ zu. Sind Terroristen die neuen Medienkünstler? Erfüllt sich die bellizistische Forderung des Extremisten Marinetti auf diesem Wege? Das sind die virulenten Fragen.
Das Projekt versteht sich demnach nicht als demonstratives Pazifismus-Bekenntnis, sondern fragt bewusst nach den Anfängen der Barbarei, nach der Omnipräsenz militärischer Strategien bis hin in den privaten (Medien-)Alltag und damit auch nach der Komplizenschaft von Kultur…