Lynn Hershman Leeson
Ich denke, dass Algorithmen das Titanweiß der Malerei dieser Ära sind.
Ein Gespräch von Pamela C. Scorzin
Lynn Hershman Leeson (geboren 1941 in Cleveland, Ohio, USA) gehört international zu den wichtigsten und bahnbrechendsten MedienkünstlerInnen. In den letzten fünfzig Jahren hat sie wegweisende Werke in den Bereichen Fotografie, Video, Film, Performance, künstlicher Intelligenz, Biokunst, Installation und interaktiver sowie netzbasierter Medienkunst geschaffen. Sie hat sich lange und konsequent mit Themen auseinander gesetzt, die heute als Schlüssel für die Conditio Humana der spätmodernen Gesellschaft verstanden werden: So etwa die Beziehung zwischen Mensch und Technologie, Identität und Geschlecht, Überwachung und Kontrolle oder der Einsatz von Algorithmen als Mittel zur Bekämpfung von Zensur, Rassismus und politischer Repression. Ihre wohl bislang bekannteste Werkreihe ist „ Roberta Breitmore“ (1973 – 1978), eine fiktive wie reale Kunstfigur, verkörpert zunächst von ihr selbst und – teilweise simultan – von weiteren Darstellerinnen. Zuletzt rückt auch wissenschaftliche Forschung und Entwicklung auf den Feldern der Genetik, der regenerativen Medizin oder der Bio- und Umwelttechnologien in den Fokus ihres künstlerischen Schaffens, die ihre künstlerische Arbeit in Zeiten von Viruspandemien nochmals an Bedeutung gewinnen lässt.
Pamela C. Scorzin: Liebe Lynn Hershman Leeson, als forschende Künstlerin arbeiten Sie inzwischen seit Jahren u. a. mit Wissenschaftlern, Genetikern, Programmierern, Entwicklern und Ingenieuren zusammen, um die Auswirkungen des technologischen Fortschritts und Wandels auf unser Selbstverständnis und unsere Identität zu erforschen. Wie kommen Sie mit diesen Menschen in Kontakt? Und wie stellen Sie sich ihnen dabei vor? Was sagen Sie ihnen, was Sie tun?
Lynn Hershman Leeson:…