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Titel: Zeichnen zur Zeit VII · von Reinhard Ermen · S. 170 - 173
Titel: Zeichnen zur Zeit VII , 2015

Lucie Beppler

Alle Versuche der Bildbeschreibung, der verbalen Vergewisserung dessen, was zu sehen ist, prallen vorerst an den Zeichnungen von Lucie Beppler ab. Dabei herrscht ein durchaus strukturelles Primat, also ein in Linien und damit verbundenen Entsprechungen realisiertes Raumdenken, mit einer deutlichen Vorliebe für die Horizontale. Das bevorzugte Querformat wäre ein Resultat dieser Ausrichtung, die noch eine transzendentale Komponente in sich birgt. Das Unendliche spielt mit. Dimensionale Beschränkungen ergeben sich nur durch die naturgegebenen Größen der Blätter. Realisiert wird im technischen Sinne nur das, was der Zeichnerin in ihrem Studio möglich ist. Aber von da aus geht alles in Richtung eines permanenten Grenzgangs, aus dem ein quasi ontologischer Schaffensdrang herausleuchtet, so dass eine schlichte Kategorisierung als Abstraktion unzureichend erscheint. Wer mit Beppler spricht, sieht sich mit einem hohen Grad an Bewusstheit konfrontiert, eine daraus resultierende Intentionalität verschwistert sich mit den klassischen Mitteln der Zeichnung. Heraus kommt ein Drittes, nämlich eine Unerbittlichkeit von gefährlicher Schönheit. Es triumphiert die Linie, die am liebsten mit harten Stiften (was weich zeichnende Alternativen nicht ausschließen muss) und anderen Werkzeugen auch schon mal in das Blatt gesetzt wird, als sozusagen ‚haptische Formulierung’, wie Lucie Beppler es sinngemäß sagt. Mit allen Sinnen des Sehens und den damit assoziierten Wahrnehmungsorganen ist die Spur eines zärtlichen wie energischen Zugriff des Mediums geradezu fühlbar! Die Ebenen der praktischen Konkretion und das Als Ob der Darstellung vermischen sich. Einst sichere Ordnungskriterien der Kunstgeschichte, werden souverän unterlaufen, bzw. neu gemischt. Die ‚Farbe’, wenn dieser Terminus überhaupt in diesem Zusammenhang erlaubt ist, verdankt sich…

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