Jutta Schenk-Sorge
Luc Tuymans
»Signal«
Hamburger Bahnhof, Berlin, 4.4. – 13.5.2001
Die Bemerkung der letzten documenta-Chefin Catherine David, Malerei sei als künstlerische Ausdrucksform “illegitim”, provozierte seinerzeit den Belgier Luc Tuymans zu dezidiertem Widerspruch und einer eigenen Bilderfolge (“Illegitimate”, 1997). Inzwischen mag er mit Genugtuung konstatieren, dass das Interesse an Malerei allgemein wieder zunimmt und das spezifische Potential von Pinsel und Farbe im Vergleich zu den bilderzeugenden technischen Medien vermehrt kritische Aufmerksamkeit findet. Einer, der sich die Frage, was Malerei heute zu leisten vermag, offensichtlich nicht leicht macht, ist wiederum Tuymans. Denn der 1958 geborene, in Antwerpen lebende Künstler zeigt eine Vorliebe für hochbelastete Stoffe, die sich einer Darstellung eigentlich entziehen. So befasste er sich bereits mit Aspekten der deutschen NS-Vergangenheit, bevor das Schlagwort von der “Holocaust-Industrie” aufkam und suchte für diese kaum zu bewältigende Thematik einen Gestaltungsmodus zu finden. Gedanklicher Ausgangspunkt seiner jüngsten Ausstellung ist diesmal die “Wannsee-Konferenz”. Das folgenschwere Ereignis fand am 20.1.42 statt, wurde vom damaligen Protokoll jedoch schlicht als “Besprechung mit anschließendem Frühstück” vermerkt. Tatsächlich beschloss man dort unter Reinhard Heydrichs Führung die “Endlösung” für elf Millionen europäische Juden. Tuymans plante zunächst seine Werke in der heute als Museum dienenden Wannsee-Villa selbst zu zeigen, verwarf eine solche Besetzung des realen Schauplatzes dann aber als anmaßend. Für die Schau im Hamburger Bahnhof schuf er keine neue Bilderfolge, sondern wählte 35 Arbeiten aus dem Bestand. Diese Werke, von denen einzelne bis 1978 zurückgehen und bereits mehrfach ausgestellt waren, verband er zu einem neuen, anlass- und ortsspezifischen Ausstellungskontext. Obwohl manche der Bilder…