Annelie Pohlen
Lovis Corinth und Max Ernst Tradition und Gegenwart
Museum Folkwang, Essen 10.11.1985-12.1.1986
Städtisches Museum, Bonn 8.11.1985-26.1.1986
Das Bekenntnis des Ausstellungsleiters am Essener Folkwang-Museum Zdenek Felix zu der von ihm organisierten Lovis-Corinth-Ausstellung war deutlich. Die gegenwärtige Malerei hat den Blick für einige herausragende Vertreter der klassischen Malerei in den Anfängen der Moderne, mithin an herausragender Stelle für Lovis Corinth geschärft. Ist angesichts der Max-Ernst-Ausstellung, mit der Katharina Schmidt in Bonn den ersten von ihr bestimmten programmatischen Akzent setzte, auch nicht mit Deutlichkeit eine solche Stellungnahme zu vernehmen, so macht doch die gegenwärtige Diskussion um das Fortleben surrealistischer Visionen in der jungen Malerei die Auseinandersetzung mit dieser hervorragenden – in ihrem Kern von der Baseler Galerie Beyeler organisierten, in Bonn um wichtige Leihgaben erweiterten Ausstellung zu einem besonderen Ereignis.
Mit Corinth ist ein Künstler ins Blickfeld gerückt, dessen Umgang mit der Malerei jenseits aller stilistischen Normierbarkeit aus heutiger Sicht als Feld existentieller Auseinandersetzung mit dem Medium aus der subjektiven Erfahrung einer zerschlagenen, um ihren ideellen Halt gebrachten Moderne gesehen werden muß. Corinth hat sich trotz vielfältiger Verflechtung mit den kunstgeschichtlich benennbaren Entwicklungen seiner Zeit vom Symbolismus über den Impressionismus bis zum Expressionismus – wobei sicher die Beziehungen zu dem von ihm verehrten Max Klinger die unstrittigsten sind -, zeit seines Lebens jeglicher stilistischen Zuordnung entzogen. Von den Mythen- und Historienbildern über die Porträts und Selbstporträts, die Stilleben, Aktbilder, die weniger bekannten Genrebilder (Szenen und Stilleben aus Schlachthöfen) bis zu den nur scheinbar friedlichen Walchensee-Landschaften, durchzieht dieses Werk ein zwischen pathetisch-aggressiven und poetischen…