Clementine Deliss
Lotte oder die Transformation des Objekts
Eine Ausstellung über westliche Artikulationsweisen in der zeitgenössischen Kunstwelt
Die Ausstellung “Lotte oder die Transformation des Objekts” (Stadtmuseum Graz, 14. Oktober bis 18. November 1990; Akademie der Bildenden Künste Wien, 4. Dezember 1990 bis 20. Januar 1991) präsentierte eine Reihe zeitgenössischer westafrikanischer Objekte und ausgewählte Arbeiten von fünf Künstlern – Lubaina Himid, Mike Kelley, Jeff Koons, Haim Steinbach und Rosemarie Trockel – nebeneinander. Der folgende Textausschnitt aus dem Katalog von Clementine Deliss (Kuratorin der Ausstellung) versucht, gewisse Probleme zu umreißen, die sich aus dem Nebeneinander von Artefakten aus verschiedenen Kultursystemen ergeben. Er sollte idealerweise, wie Deliss schreibt, zum Nachdenken darüber anregen, “weshalb Materialobjekte entweder ausschließlich in der Kunstgalerie oder im Völkerkundemuseum gezeigt werden, und wie ihnen, je nach der Kultur, aus der sie stammen, auf unterschiedliche Weise ‘Realität’ und ‘Bedeutung’ zugeordnet wird”. Mit der Ausstellung “Lotte …” plädiert Deliss für einen “Dialog zwischen in sich geschlossenen kritischen Referenzsystemen”. Damit meint sie einerseits die zeitgenössische Kritik und andererseits die Kunst “nicht-westlicher” Kulturen, eine Klassifikation, die endlich Anzeichen des Zusammenbruchs zeige. Der Name “Lotte” ist die Bezeichnung für in Serie produzierte Plastikpuppen dieses Typs in Deutschland, wie sie in den 40er Jahren hergestellt wurden. Die Puppen in der Ausstellung sind allerdings nicht deutscher Herkunft. Sie stammen aus westafrikanischen Fabriken. “Lotte” stellt so gesehen ein Produkt dar, das durch Wandel im Sinne eines Transformationsprozesses zu neuen Identitäten und Bedeutungen findet.
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Man könnte eine Erörterung damit beginnen, daß man Verbindungen zwischen dem einen kulturellen…