Jochen Becker
Lothar Baumgarten
»wie venedig sehen«
Museum Haus Esters, Krefeld, 8.3. – 10.5.1992
Unter der etwas gequält wirkenden Frage-Behauptung “wie venedig sehen” zeigt Lothar Baumgarten in der Krefelder Villa Haus Esters Lichtbilder von ausgefallenen Kaminformen, die er in der Lagunenstadt parallel zur Vorbereitung seines Biennalebeitrags 1984 gesammelt hatte. Dreiundzwanzig im Erdgeschoß des zum Museum umgewandelten Wohnhauses verteilte Diaprojektoren werfen jeweils eine Schwarzweißaufnahme auf die Wand. Je nach Abstand variiert die Größe der hochformatigen Bilder; das Zentrum der Projektion liegt etwa brusthoch. Die Fenster der Villa sind nicht verschlossen oder abgedunkelt, so daß außer den leeren Räumen, (fast) weißen Wänden und unfarbigen Lichtbildern besonders der Park um das Haus herum ins Auge fällt. Das Summen von zwei Dutzend gebläsegekühlten Diaprojektoren füllt das beinahe leere Haus Esters; ein technisches Geräusch, welches eher an Großrechenanlagen als an die Natur hinter den Fensteröffnungen erinnert. Lange, weiße Wände – ihre streckenweise Leere wird partiell durch schwarze Flecken, etwa in Form dreier zu Kleeblättern zusammenwachsender, schwarzer Kreise, aufgewogen – und Gruppen von drei Projektionen bzw. an die Wand montierten oder auf den Fenstersims gestellten Projektoren strukturieren die verwinkelten Räume. Ein Gesamtüberblick ist nicht möglich; man muß sich schon durch das Gebäude bewegen, um die verschiedenartigen Schlote alle zu sehen. Venedigs Schornsteine – so legt Baumgartens Auswahl nahe – haben eine plastische Schönheit, die sich von der reinen Funktionalität getrennt hat. Dank ästhetischem Eigenwert lassen sie sich nun als Kunstobjekte wahrnehmen. So wirkte dann auch die Zwischenfrage, wozu man im sonnigen Venedig denn überhaupt Kamine brauche, wie eine…