Sigrid Feeser
Lost & Found
»Ungarn im Spiegel seiner zeitgenössischen Kunst
Kunsthalle Baden-Baden, 9.12.2006 – 25.2.2007
Seit drei Jahren ist Ungarn Mitglied der Europäischen Union und damit nolens volens Teilnehmer an der real existierenden Globalisierung. Höchste Zeit also, die Augen aufzureißen und neben den respektvoll entgegengenommenen Verlautbarungen der üblichen Verdächtigen aus der Literatur, den Imre Kertész, György Konrad oder Peter Esterházy, endlich auch die Kunstszene des Landes deutlicher wahrzunehmen. Fundstücke aus der ungarischen Gegenwart verspricht passend dazu die von Fritz Emslander kuratierte Ausstellung ” Lost & Found” in der Kunsthalle Baden-Baden. Achtzehn Künstler aus der jüngeren Generation widmen sich mit zum Teil eigens für den Auftritt an der Oos geschaffenen Arbeiten der biografischen Selbstbefragung, den gesellschaftlichen Folgen der Umstellung von Gulaschkommunismus auf Turbo-Kapitalismus und der Reflexion auf die eigene Rolle in Kunst und Kunstbetrieb – und beweisen, dass durchaus mit ihnen zu rechnen ist.
” Verloren und gefunden” ist auch dann ein passender Ausstellungstitel, wenn man zugibt, von der aktuellen Kunst Ungarns nicht allzu viel zu wissen. Das kennerische Aufatmen angesichts der bitterbösen Körperertüchtigungs-Maschinen von Antal Lakner ist da kein Widerspruch; Geräte aus der Produktion des Vierzigjährigen wurden international schon 2001 auf der Biennale in Venedig gesichtet. In Baden-Baden bekommt der geschwindigkeitssüchtige und mental geschrumpfte Zeitgenosse genau das, was er bisher nicht zu träumen wagte: Po-Schützer für Turnübungen auf der Rolltreppe, Segel zum bequemen U-Bahn-Surfen, ein ausgeklügeltes Stretchingprogramm für die tote Zeit in der Fahrstuhlkabine.
Finger trommeln auf eine Sessellehne, folgen…