LOREDANA NEMES
Gier Angst Liebe
Fotografien 2008 – 2018
Berlinische Galerie Museum für Gegenwart 22.06. – 15.10.2018
von Michael Nungesser
Die Werke von Loredana Nemes (geb. 1972 in Sibiu/ Hermannstadt) erlauben eine klare Gliederung der Ausstellung – es ist die erste museale Rückschau der seit 2001 in Berlin lebenden Fotografin. Ihre meist großformatigen Serien in Schwarzweiß verfügen über eine hohe Anziehungskraft, denn sie arbeitet konzeptuell-präzise, analog und mit langem Atem. Einst als Kind mit ihren Eltern aus Rumänien nach Deutschland geflüchtet (nach einer Zwischenstation im Iran), studierte sie Mathematik und deutsche Literatur, bevor sie sich autodidaktisch auf das Abenteuer Fotografie einließ.
Annäherung an Menschen stehen im Zentrum von Nemes’ Arbeit, wie in der frühesten gezeigten Serie beyond (2008 – 10). Hier nähert sich die Künstlerin der türkischen und arabischen Männerwelt – in Berlin seit langem durch Cafés und Kulturvereine im Straßenbild präsent: Im Wechsel stehen solche, frontal gesehen abends hell erleuchtet und doch durch milchiges Glas kaum einsehbar, neben Einzelporträts von Männern, die dicht hinter gemusterten Vorhängen und Glasscheiben platziert, nur schemenhaft erkennbar sind, nebeneinander.
Auch Blütezeit (2012) lebt vom Wechsel zweier Motive: zum einen blühende Obstbäume in Tableaus aus Einzelbildern, zum anderen Gruppen aus Jugendlichen, die als zusammengesetzte und gerahmte Mehrfachporträts erscheinen. Miteinander befreundet, verwandt oder verliebt schauen sie sich an, berühren oder umarmen sich – und doch ist jeder für sich gesehen in einem anderen kurzen Augenblick des Beisammenseins. Wenn die jungen Akteure gestisch und mimisch verlegen, erwartungsvoll oder mit gespielter Lässigkeit auftreten, so wirken die Personen in Der Auftritt (2013) eher ernst, fast würdevoll-zeitenthoben,…