Thomas Wulffen
Lokal Zürich
Galerie Walcheturm, 9.11. – 21.11.1990
Träumen wir immer noch von der Gleichwertigkeit von Kunst und Leben? Diese Frage taucht bei der Präsentation einer Arbeit der drei Künstler Simon Beer, Raoul Marek und Peter Spillmann auf. In der Galerie Walcheturm in Zürich zeigten sie eine Installation, die aus zwölf interaktiven Elementen bestand. Diese Elemente waren Automaten, die Bedürfnisse des Großstadtbürgers decken. Der Besucher ist aufgefordert, die Automaten zu bedienen. Leibliche Bedürfnisse konnten ebenso befriedigt werden wie kulturelle. Neben einem Fahrkartenautomaten stand eine Lottomaschine. Eine Kaffeeautomat war ebenso vorhanden wie ein Telefon. Ein Geldwechsler sicherte die Funktionsfähigkeit der Automaten. Der künstlerische Eingriff bestand allein in der Auswahl der Apparate und deren Positionierung. Kunstwerke aber haben die Eigenschaft, das sie in besondere Weise über ihre blosse Materialität hinausweisen. Wenn Automaten in einer Galerie präsentiert werden, werden sie mit künstlerischem Inhalt aufgeladen. Was ausserhalb des Galerienraums blosse Funktion ist, wird innerhalb des Ausstellungsraum zu einem Kunstwerk und bindet sich in einen anderen Kontext ein. Dieser Kontext lässt aus einem Telefonapparat nicht nur ein Kommunikationsinstrument werden, sondern verweist auch auf dessen plastischen Gehalt. Die präsentierten “Skulpturen” aber haben keinen Autor, keinen Künstler als Produzenten. In diesem Sinne sind sie “Realkunst”. Über diese Bestimmung verändert sich dann auch die Funktion des Künstlers. Zwar arbeitet er in einem Galerienraum, aber die eigentliche Arbeit ist organisatorischer Art. Der künstlerische Eingriff hat soziologischen Charakter und bezieht sich nicht mehr auf das Werk, sondern auf die Strategie. In diesem Sinne verweisen die Objekte nicht nur auf menschliche Bedürfnisse,…