Annelie Pohlen
Lois und Franziska Weinberger
»Feldarbeit II (aussetzen)«
Kunsthalle, Gießen, 23.11.2007 – 9.1.2008
Brachen / Peripherie / Lücken im Urbanen / sind Gärten, in denen sich die Grenzen als Weiterführendes – Bewegtes – Unsicheres zeigen“ lautet der Text auf einer Emailtafel am Eingang zur Kongresshalle, in der die Kunsthalle residiert. Der Text endet mit „Präzise Achtlosigkeit“. Von eiligen Besucher wohl übersehen könnte aufmerksame Zeitgenossen verwirren, was Lois und Franziska Weinberger im Rahmen eines ambitionierten zweiteiligen Ausstellungsprojektes zum 400. Geburtstag der Justus-Liebig-Universität dort angebracht haben. Als eine unter vielen Tafeln der namenlosen ‚Ruderal Society’ ist dies eine der Schnittstellen der über den Stadtraum vernetzten „Feldarbeit“. Den Auftakt bildet im Sommer „Feldarbeit I“ im Neuen Gießener Kunstverein. Dessen ursprüngliche Funktion als Kiosk mit reichlich Schaufenstereinblick nutzend zeigen die Weinbergers dort eine „Home Voodoo“ betitelte Sequenz ritueller Handlungen mit einem Schneemann als Voodoo-Puppe in Leuchtkästen. Außerdem platzieren sie besagte Text- und Bildtafeln an verschiedenen Stellen in der Stadt, auch eine im kleinen Innenhof des Kunstvereins oder – humorig ernst wie Weinbergers zu sein pflegen – „Augentrost“ an einem Blumenkübel, der als ‚illegaler’ Fahrradständer fungiert, und – nicht von ungefähr – im botanischen Garten in unmittelbarer Nachbarschaft zum „Gewächshaus“. Immerhin schenkte der Landgraf Ludwig zwei Jahre nach ihrer Gründung der Universität einen Teil seines Schlossgartens und kurze Zeit später den „Hortus Eystettensis“ des Apothekers Besler, ein prachtvolles botanisches Buch, das voll sachlicher Forscherlust in Wort und Bild über 1000 Pflanzen im Garten des Fürstbischofs von Eichstätt auflistet und derart zum Fundament für die erst später…