Jochen Becker
Ljubow Popowa – 1889-1924
Museum of Modern Art, New York, 13.2. – 24.4.1991
Los Angeles County Museum of Art, 19.6. – 18.8.1991
Museum Ludwig, Köln, 1.10. – 1.12.1991
Centro Reina Sofia, Madrid
Als “Tochter der Revolution”, so der werbende Untertitel des für die Öffentlichkeitsarbeit zuständigen “Museumsdienstes Köln”, kam die Russin Ljubow Popowa nicht zur Welt: Wohlbehütet 1889 als Kind eines Textilkaufmanns geboren, bildete sie sich durch privaten Kunstunterricht und Studienreisen innerhalb Rußlands, aber auch in Italien und Paris weiter. Der höheren Tochter blieb – wie allen Frauen vor der Oktoberrevolution – die Kunstakademie versagt; Kunstproduktion galt als Freizeitbeschäftigung. So malte sie anfänglich im Stil von Cézanne, Braque oder Malewitsch; und auch die spezifisch russische Mischform des Kubo-Futurismus fällt in ihre umherschweifende Entwicklungsphase. Erst nach der Revolution von 1917, für die sie öffentliche Gebäude und Propagandaplakate gestaltete, ist ihre Zeit gekommen: Denn weniger die individuelle Malerei als die kooperative Arbeit an Bühnengestaltung, Typographie und Textildesign sind Ljubow Popowas Stärken. Bis zum Scharlachtod 1924 wird sie auf dem Gebiet der Produktionskunst gewichtigen Einfluß nehmen.
Die Präsentation im “Museum Ludwig” blendet Popowas postrevolutionäre Arbeit weitestgehend aus: Ihre industriebezogene, oft massengefertigte Produktionskunst steht dort ganz im Schatten der massiv ausgebreiteten, dabei recht epigonalen Leinwand- und Reliefarbeiten. Im Unterschied zur Jubileumspräsentation in der Moskauer Tretjakow-Galerie vor zwei Jahren folgt die Kölner Ausstellung eher Magdalena Dabrowski vom Museum of Modern Art, dem finanzstarken Tournee- und Katalogmacher, und sucht Popowa als “Malerin der russischen Avantgarde” in den Kanon der modernen und bürgerlichen Klassiker wiedereinzugliedern.
Der Oktoberumsturz revolutionierte den russischen Kunstbetrieb…