Berlin
Lin May Saeed
Im Paradies fällt der Schnee langsam. Ein Dialog mit Renée Sintenis
Georg Kolbe Museum 14.09.2023 – 25.02.2024
von Julia Stellmann
Sanftmut ist wohl eine der schönsten Eigenschaften, die einen Menschen auszeichnen kann. Denn sanftmütig sein heißt milde, gütig, zartfühlend, nachsichtig mit sich selbst und anderen zu sein. Es umschreibt eine Behutsamkeit im Umgang mit großen wie kleinsten Lebewesen, welche der Menschheit immer schon und heute zunehmend abhanden gekommen scheint. Lebewesen, die sich nicht in uns verständlicher Sprache äußern können, aber deren Sein in anderer Zungen Sprachen spricht.
Sanft ist auch der Blick, mit dem Künstlerin Lin May Saeed die Innerlichkeit von Tieren streift. Zwanzig Jahre lang wirkte sie als Fürsprecherin für all jene, die nicht für sich selber die Stimme erheben können. In ihrer Ausstellung „Im Paradies fällt der Schnee langsam“ im Berliner Georg Kolbe Museum ist es dementsprechend kein anthropozentristisches Weltbild, das sich vermittelt, sondern das einer gleichrangigen, friedlichen Koexistenz von Mensch und Tier. Einer Versammlung der Tiere gleicht das Innere des Museums, das für die Dauer der Ausstellung verschiedenste Arten zusammenführt, zu denen letztlich auch der Mensch gehört.
Ein Pangolin, eine Tüpfelhyäne, ein Serval, ein Rind und ein Ameisenbär haben sich in der großen Halle des Georg Kolbe Museums zu einer Herde zusammengefunden. Schwarz, weiß oder gefleckt sind sie mit Fellresten, Schuppen oder Krallen versehen. Es sind auf der Flucht befindliche Gefangene, die sich eigens aus menschengemachten Käfigen befreiten, ihre Ketten zu sprengen vermochten und nun den Besucher*innen mit großen Schritten entgegentreten. Vor der Horizontlinie einer aufgehenden Sonne schweben…