Liebe Kinderlein
Claudia Harts »Machiavelli für Kids«
Ein boshaftes Ding, das uns hier Claudia Hart, die in Berlin lebende New Yorker Künstlerin, untergeschoben hat. Es gibt keinen Grund, die Aussagen ihres Buches nicht ernstzunehmen, auch wenn das Prädikat “Kids” ihnen scheinbar etwas an Gewicht nimmt. Denn Kids haben spätestens seit Larry Clarks gleichnamigem Spielfilm jede Unschuld verloren. Zugegebenermaßen habe ich Niccolò Machiavellis Buch “Il Principe” nie gelesen, doch so, wie Hart es interpretiert, so habe ich mir es immer vorgestellt.
Es handelt sich um Ratschläge im alltäglichen Machtkampf, die jedenfalls auch für das Verhalten im Kunstbetrieb zu verwenden sind. Dabei wird dem Adressaten implizit ein Machtinteresse unterstellt, wenn es heißt: “Selbst wenn Du bisher alle Schwächlinge herumkommandiert hast, schafft der Neue es vielleicht, alle zusammen gegen Dich aufzubringen.” Andere Weisheiten scheinen mit der Vorstellungswelt des derzeit weit verbreiteten Pragmatismus übereinzustimmen. Dann geht es wieder drastischer zu, drastisch wie in alten Bildergeschichten, die Struwwelpeter oder Max und Moritz heißen. Einige Aussagen hätten Stalins paranoiden Wahnvorstellungen entspringen können: “Wenn Du eine Gegend eroberst, töte jeden, der gegen Dich ist, basta.” Andere wiederum scheinen gerade für den jungen Künstler hilfreich zu sein: “Leute, die betrügen, sind erfolgreicher als Leute, die immer ehrlich sind.”
Die Illustrationen von Claudia Hart sind allesamt von Kinderbüchern angeregt. Entsprechend hell ist ihre Farbigkeit und lieblich ihre Form. Wie schon in früheren Werken (z.B. Spielkarten) zitiert Claudia Hart triviale Bildsprachen. In diesem Fall reicht das Spektrum ihres Samplers verschiedenster Stile von Comics bis zum “Der kleine Prinz”. Sie entlarvt diese Bilder als Euphemismus…