Max Glauner
Liam Gillick
»Scorpion or Felix«
ars stupet ipsa malis*
Galerie Eva Presenhuber, Zürich, 2.3. – 14.4. 2012
Wer hätte vor Liam Gillicks Beitrag zur Venedig-Biennale von sich sagen können, er habe den Namen Margarethe Schütte-Lihotzky auch nur gehört? Man kann von Gillicks Arbeiten halten, was man will, mit seiner Aneignung der Wiener Designerin bewies der mittlerweile achtundvierzigjährige ein untrügliches Gespür für randständige doch kulturgeschichtlich zentrale Diskurse.
Wahrscheinlich gehört auch der Text dazu, den Gillick für seine Ausstellung „Scorpion or Felix“ in der Zürcher Galerie Eva Presenhuber als Material gewählt hat: Karl Marx, Einige Kapitel aus: Scorpion und Felix. Humoristischer Roman. Am Ende einer stattlichen Reihe von Gedichten trug der neunzehnjährige Jurastudent unter diesem Titel 24 Kapitel, handschriftlich in ein Album ein, das er 1837 seinem Vater Heinrich zum sechzigsten Geburtstag überreichte. Seit einer Nachlassschenkung im Trierer Karl-Marx-Haus verwahrt, wurde es in der MEGA, der Marx/Engels Gesamtausgabe, 1975 im ersten Band ediert und ist heute über das Internetarchiv Bibliotheca Augustana leicht zugänglich. Der satirische und betont fragmentarisch gehaltene Text mag bei der ersten Lektüre krude erscheinen. Man kann Gillicks Fund daher als ein Kuriosum abtun und wieder die Frage stellen, was dieser Überbau im Werk des Engländers überhaupt zu suchen hat.
Damit würde ein häufig gegen Gillick reklamierter Einwand erhoben. Dieser lautet, dass angesichts seiner offenen, schärfer formuliert, beliebigen Statements, keiner ohne die Lektüre irrlichternder Peer-Group-Autoren Zugang zu seinen Arbeiten erhalte. Anders gesagt, der Theorieanspruch löst sich im Werk nicht ein. Oder fundamentaler, die vorgebliche Kritik an neoliberalen Gesellschaftsformationen schlägt in deren…