Michael Hübl
“Les années 50”
Centre Georges Pompidou
“Bonjour tristesse” – der schmale und letzthin banale Roman der 18jäh-rigen Françoise Sagan wurde, als er 1954 erschien, rasch zu einem Bestseller. Sein Titel, dessen trübe Stimmung durch die schlichte Auflösung eines Beziehungskonflikts (sprich: durch einen Autounfall, der auch ein Selbstmord gewesen sein könnte) zumindest äußerlich gerechtfertigt wird, hat heute den Klang einer jener Formeln, in denen sich die Wünsche, Normen und Ideologeme einer Epoche abgelagert haben. So wie im “Sputnik” noch der Glaube an die ewige weltverbessernde Kraft der Technik spukt oder der “Rock’n’Roll” zum Synonym für entfesselten jugendlichen Aufbruch wurde, trägt “Bonjour tristesse” die Farbe der “typischen” 50er-Jahre-Philosophie, des Existentialismus.
Der matte Glanz scheinbarer Selbstverständlichkeit sollte freilich nicht täuschen. Was sich abspielt zwischen den beiden Sentenzen, da die Sagan der Tristesse freundlich “guten Tag” sagt, ist die Nachkriegsvariante von “Luxe, calme et volupté”: Ferien vom Feinsten an Südfrankreichs Küste, ein gleichmäßiger Rhythmus aus Baden, Schlafen, Sonnenbaden, den nur der Kitzel amouröser Dramolettchen leicht durcheinanderbringt. Da scheint denn Daniel Abadie mitten in den Nerv der Zeit getroffen zu haben, wenn er die Sektion “Malerei und Skulptur” in der Ausstellung “Les années 50” – nach einem Diarama – mit zwei Stilleben beginnen läßt (obschon diese noch in den 40ern entstanden und wenigstens in einem Fall, in Picassos “La Cuisine”, an jene waffenstarrenden Grausamkeiten erinnern, die das Jahrzehnt zuvor prägten).
Picasso und – vis á vis – Matisse bilden im Centre Pompidou den Auftakt, weil man dort selbst die Auffassung vertritt, daß die beiden nach Kriegsende das…