Thomas Wulffen
Leonards Laganovskis
Wewerka Galerie, 3.3. – 12.4. 1990
Gibt es nationale Eigentümlichkeiten in einer nationalen Kunst? Die Frage widerstrebt dem offiziellen Verständnis von Kunst, wird die doch weitgehend als ein internationales Phänomen gehandelt, das keine Grenzen kennt. Wer diese Frage stellt, behauptet damit nicht, daß er Grenzen anerkennt, aber er versucht, darauf hizuweisen, daß künstlerische Ausdrucksmomente abhängig sind von einem historischen, soziologischen und politischen Hintergrund, der sich mehr oder minder direkt auch in den Kunstwerken niederschlägt. Angesichts einer russischen Kunst, die sich immer stärker in das internationale Kunstgeschehen integriert und ein Faktor auf dem internationalen Kunstmarkt geworden ist, kann die Frage nicht ausbleiben. Gemeinsame Charakteristika lassen sich feststellen, auch wenn die Feststellungen auf einer schmalen Basis von Künstlern und Kunstwerken entwickelt werden. Eine starke Beziehung zwischen Wort und Bild ist belegbar, wie sie in den Werken von Kabakov, Bugrov und zum Teil auch in den Arbeiten der Kopystianskys zutage tritt. Ein weiterer Beleg für diese These, die sich gegen eine größtenteils am Bild orientierte Kunst in West-Europa zu behaupten hat, bildet das Werk von Leonards Laganovskis. Der Künstler würde sich selber allerdings dagegen wehren, in einen Topf mit der russischen Kunst geworfen zu werden. Die künstlerische Arbeit kann sich in diesem Falle nicht von einem politischen Hintergrund abheben, der gerade im Werk Leonards Laganovskis’ einen ganz direkten Ausdruck findet. Der Künstler ist eine einflußreiche Figur innnerhalb der auf Eigenständigkeit dringenden und beharrenden Kunstlandschaft Lettlands. Seine Werke, die schon in der Gruppenausstellung “Lettische Avantgarde” 1988 zu sehen waren, wurden nun zum…