Jürgen Raap
Leiko Ikemura
»All about girls and tigers«
Museum für Ostasiatische Kunst, Köln, 26.9.2015 – 31.1.2016
Leiko Ikemura ist aus Japan gebürtig, lebt aber seit über 40 Jahren in Europa. In Kombination mit Exponaten aus der eigenen Sammlung richtet ihr das Kölner Museum für Ostasiatische Kunst eine Retrospektive aus, bei der in allen Schaffensphasen die japanischen kulturellen Wurzeln durch ein westlich orientiertes künstlerisches Denken immer wieder durchscheinen. Bereits in den Arbeiten der frühen 1980er Jahre zeigt sich zwar, dass der damalige neo-expressiv orientierte Zeitgeist auch bei ihr nicht ganz ohne Einfluss blieb, aber zugleich sind diese Bilder doch nicht so wild geraten wie bei den europäischen Kollegen ihrer Generation, sondern farblich viel reduzierter und in der Formensprache strenger.
In den Kohlezeichnungen dieser Werkphase konzentriert sich Ikemura zumeist auf die Andeutung von Konturen in klaren Strichformen. Auf anderen Blättern wird das Sujet manchmal auch cartoonistisch ausformuliert, etwa in der Darstellung einer Mutter, die ihr Kind mit der einen Hand umklammert und mit der anderen Hand einen Blumenkorb („Mother and child“,1982). Bei den „Wellenreitern“ (1983) glaubt der Betrachter natürlich unwillkürlich, dies sei ein Reflex auf die berühmte Darstellung der großen Welle von Kanagawa bei Hokusai (1760-1849).
Im weiteren Verlauf ihrer Werkentwicklung verzichtet Leiko Ikemura dann konsequent auf solche erzählerischen Ansätze. Ihre Art der Darstellung von Gesichtern in den Zeichnungen und Aquarellen übersetzt sie in den 1990er Jahren zugleich in das Medium der Plastik mit Bronze- und Terrakottafiguren, bei denen sich die Gesichtszüge auflösen, so ähnlich, wie man es bei verwitterten archäologischen Fundstücken kennt. In den…