Uta M. Reindl
Leiko Ikemura
Galerie Karsten Greve, Köln, 11.11. – 22.12.1995
Wer die Galerie betrat, glaubte sich von dieser Phalanx der Schulterbüsten an der Wand wie in einer Ahnengalerie empfangen. Die eine in türkisfarbenem, die anderen in blauem oder gelbem Kleid, gleichlautend denn auch die verblüffend lapidaren Titel der Terracotta-Arbeiten, deren Formgebungen und Bemalungen sich eher metaphorisch auf die Realität beziehen. Manche Gesichter der Tonplastiken haben drei, bloß ein oder gar kein Auge, sind bis zur Abstraktion reduziert. Dennoch hat Leiko Ikemura ihnen etwas verliehen, was sie frappierend lebendig erscheinen läßt, als wollten sie den Dialog mit dem Betrachter aufnehmen.
Der Eindruck verstärkte sich auf dem weiteren Rundgang durch die dichte und fürwahr museumsreife Ausstellung mit sechzig Exponaten, die die in Köln lebende Japanerin bei Karsten Greve in dessen großzügigen Galerieräumen (Albertusstraße) während der ART Cologne ’95 eröffnete. Am Ende der Büstenreihe nämlich fühlte man sich von einer nach vorne gebeugten, torsohaften Ton-Skulptur (“Stehende dunkle Gestalt in rotem Unterhemd”, 1995) vor dem Treppenaufgang zum oberen Bereich der Galerie empfangen, wo die Künstlerin eine ganze Gruppe ihrer Tonwesen in subtiler Choreographie inszeniert hatte – fast alle mit den Gesichtern dem Zuschauer, vielmehr Betrachter, zugewandt. Und wer dann eine Fotografie dieser Skulpturengruppe mit den Originalen verglich, erlebte, wie sie in der Ablichtung ihrer ganzen Lebendigkeit beraubt sind – bemerkenswert in einer Zeit, da die Kunst oft in Katalogen besser aussieht als in Wirklichkeit.
In diesen Skulpturen kommt archaische und hochaktuelle Formensprache zusammen, was ihnen Zeitlosigkeit verleiht. Dies trifft auch für die Ölgemälde von ’95 zu,…