Michael Nungesser
legal/illegal
Grenzgänge zwischen politischem Aktionismus und Kunst
Neue Gesellschaft für bildende Kunst, 16.10. – 22.11.2004
Seit der Künstler in der Moderne Autonomie gewonnen hat, arbeitet er häufig in Distanz oder Opposition zur Gesellschaft. Die Entwicklung reicht vom Bohemien bis zum Widerstandskämpfer, der nicht nur die Kunst als Waffe im Kampf für eine bessere Welt einsetzt. Kunst und Leben, Ästhetik und Politik werden zu zwei Seiten derselben Medaille. Im 20. Jahrhundert bildeten Futurismus, Dadaismus und Surrealismus frühe künstlerische Bewegungen, die in Manifesten und Aktionen teils militante Kritik an der herrschenden Gesellschaftsordnung ausübten. Nach dem Zweiten Weltkrieg schufen Situationisten und Fluxus-Künstler gleichsam Vorformen des künstlerischen Aktionismus, die von den weltweiten Protestbewegungen der sechziger Jahre, vor allem gegen den Vietnamkrieg, aufgegriffen wurden und bis heute weiter wirken. In der Ausstellung „legal/illegal“ beschäftigte sich die Neue Gesellschaft für bildende Kunst mit Aktionskünstlern, „bei denen die Grenzen zwischen künstlerischer Inszenierung und politischer Tat verschwinden, bei denen das Symbolische in Aktionismus, Illegalität oder gar Kriminalität mündet“.
Historisch setzte die Ausstellung mit dem Plakat zum Boxkampf zwischen dem Dichter und Boxer Artur Cravan (1887-1918 oder 1920) und dem damaligen Weltmeister Jack Johnson in Madrid 1916 ein; der angetrunkene Cravan ging in der 6. Runde k.o. Zu sehen waren außerdem der gefälschte Ausweis und die Visitenkarte des Schriftstellers Franz Jung (1888-1963) von 1913. Jung hatte zu Beginn der Russischen Revolution einen Fischdampfer von Cuxhafen nach Russland entführt. Ein Zeitsprung um rund ein halbes Jahrhundert führte zu einem 1963 veröffentlichten politischen Flugblatt der Fluxisten von George Maciunas (1931-1978), zu…