Wolfsburg
Leandro Erlich
Schwerelos
Kunstmuseum 12.10.2024–12.07.2025
von Michael Stoeber
Von Jean Cocteau (1889–1963), einem erfolgreichen Schriftsteller, Filmregisseur und Maler, wird erzählt, er habe einem jungen Künstler, der sich ihm mit der Frage genähert hatte, wie er es anstellen müsse, um in der Kunst erfolgreich zu sein, den Rat gegeben: „Faites-moi étonner!“ Setzen Sie mich in Erstaunen! Wenn man es nicht besser wüsste, möchte man in dem jungen Künstler den 1973 in Argentinien geborenen Leandro Erlich vermuten, der in seiner spektakulären Ausstellung im Kunstmuseum Wolfsburg den Rat Cocteaus perfekt umgesetzt hat.
Dabei bedient er sich in seiner Schau und seinen Werken in souveräner Weise der Inversion, die schon in der Antike Quintilian in seinem Lehrbuch der Rhetorik als ebenso Staunen machende, wie augenöffnende Redefigur rühmte. Das beginnt damit, dass Erlich den Wolfsburger White Cube in eine Black Box verwandelt hat, in der die einzelnen Exponate des Künstlers auratisch und geheimnisvoll leuchten. Diesem Prinzip der Verkehrung folgen auch seine in Vitrinen eingefangenen Wolken, die man, kaum haben sich die Augen an die Dunkelheit in der Schau gewöhnt, als erste erkennt. Skulpturen aus Wasserdampf und Wind, nennt Erlich Wolken. Bei ihm bestehen sie aus neun bedruckten Glasscheiben, die das Wandelbare und Veränderliche einfrieren, sodass man in den plastischen Wolkenbildern einen Fisch, Pfeil, Vogel oder sogar den Umriss von Südamerika zu erkennen meint.
Aber Erlich vertauscht nicht nur innen und außen, unten und oben, sondern er verschiebt auch Perspektiven und verändert Größenverhältnisse. Als nächstes Exponat imponiert in Wolfsburg die dreizehn Meter hohe Nachbildung eines Raumschiffs, das sich an die…