Oldenburg
Lea von Wintzingerode
notes on radical love
Oldenburger Kunstverein 13.05.–31.07.2022
von Jens Asthoff
Man taucht in die Ausstellung ein wie in ein Geflecht aus überraschenden Beziehungen, literarischen Freundschaften, aktivistischem Engagement, Musik und Utopie – über mehrere Zeitebenen hinweg. Die in Berlin lebende Malerin Lea von Wintzingerode (*1990), die ab 2010 an der Wiener Akademie bei Daniel Richter und anschließend bis 2016 an der HfbK Hamburg bei Jutta Koether studierte, zeigt im Oldenburger Kunstverein ihre bisher umfangreichste Einzelschau mit neuen Gemälden, Collagen, einer Rauminstallation ( polyvalent desires, 2022) sowie mehreren Klangkompositionen. Im Vorzeichen von „radical love“ – der Ausstellungstitel zitiert einen Begriff des US-Philosophen Lewis Gordon – geht es in ihren Bildwelten auf unterschiedliche Weise um Verflechtungen von Kunst und Leben, um eine durchaus a-romantische Idee von radikaler Liebe, in der sich ästhetische Individualität und kollektive Praxis fruchtbar verschränken. Doch die Ausstellung ist kein philosophisches Seminar, und von Wintzingerode betreibt keine Agenda-Kunst. Vielmehr interpretiert sie, insbesondere in ihrer Malerei, gesellschaftspolitische (Spiel-)Räume radikal persönlich. Nicht so sehr im Sinne subjektiven Ausdrucks – die charakteristische Formsprache der Gemälde ist flüssig präzise, aber nicht eigentlich als expressiv zu lesen.
Radikal persönlich ist eher der ideelle Raum, den man in der Ausstellung durchstreift. In zahlreichen Bildern trifft man auf imaginäre Gesprächspartnerinnen der Künstlerin: durchweg Frauen, Musikerinnen vor allem, aber auch Autorinnen und Aktivistinnen, die sie in eindrücklichen Doppelporträts, teils auch in Collagen zeigt. In anderen Gemälden greift sie Momente eigener aktivistischer Praxis auf – ohne je selbst allzu sehr im Vordergrund zu stehen. So etwa in public speech…