Jolanda Drexler
Lea Lublin
»Retrospective«
Städtische Galerie im Lenbachhaus, Kunstbau, München, 25.6. – 13.9.2015
Lea Lublin (1929-1999) wird im Kunstbau mit einer schönen Ausstellung gewürdigt – nach Florine Stettheimer ist dies nun schon die zweite fast gänzlich in Vergessenheit geratene Künstlerin, die Direktor Matthias Mühling mit seinem jungen Team dem erstaunten Kunstpublikum präsentiert. Es ist die erste Retrospektive dieser argentinisch-französischen Künstlerin mit jüdisch-polnischen Wurzeln überhaupt, was angesichts der formalen Klarheit, der theoretischen Schärfe und zugleich der sinnlichen Leichtigkeit ihrer Werke kaum zu fassen ist. Die hochbegabte Künstlerin besuchte bereits im Alter von zwölf Jahren die Kunstakademie von Buenos Aires und hatte bald kommerziellen Erfolg mit ihren vom Existenzialismus beeinflussten expressionistischen Bildern, die gleichwohl Krieg und nukleare Bedrohung anprangerten. So beschloss sie im Lauf der in Westeuropa politisch und kulturell ungemein bewegten 1960er Jahre, ihre Kunst nicht mehr länger zur Zierde „hübscher bürgerlicher Wohnzimmer“ verkommen zu lassen, sondern gesellschaftspolitisch relevant einzusetzen, konkret: die Trennlinie zwischen Künstler, Werk und Betrachter aufzuheben, der Betrachter soll aus seiner passiven Rolle befreit und interaktiv in das Werk einbezogen werden. Auch die Mechanismen des konditionierten bzw. konstruierten Blick will sie offenlegen. Eine fast wörtliche Umsetzung dieses Postulats erfolgt in der Reihe „ Voir clair“ (1965/66) – damit setzt konsequenterweise auch diese Ausstellung ein -, wo der Betrachter Reproduktionen von Kultbildern wie der Mona Lisa (natürlich mit Seitenblick auf Duchamp) mit Wasser bespritzen und anschließend mit einem Scheibenwischer sich Klarsicht über unser kulturelles Konsumverhalten verschaffen kann. Da ist Lea Lublin schon in Paris, wo sie Kontakt zur…