Max Glauner
Latifa Echakhch
»Goodby Horses«
Kunsthaus, Zürich, 16.11.2012 – 24.2.2013
Der Besucher der 54. Venedig Biennale vor zwei Jahren hat sie noch gut in Erinnerung: Einige Duzend weiße Fahnenstangen ohne Fahnen, zehn Meter hoch, munter schief aus der Vertikalen gekippt, säumten einen Großteil des Wegs vom Eingang der Giardini zur großen Ausstellungshalle. Das aus den Fugen geratene Spalier schrie nicht danach gedeutet zu werden. Der fröhliche Torkelschritt der hochgereckten Masten ließ zuerst an Minimalismus und konkrete Kunst denken, bevor politische Fragen aufkeimten. War mit dem windschiefen Cluster die verworrene Weltlage gemeint? Nationalstaatlichkeit, die unseren Weg behindert? Oder sollte gar die Utopie einer globalen Egalität heraufbeschworen werden? Das war weder schlecht gemacht, noch fehl am Platz. Doch die Arbeit Fantasia der 1974 in Marokko geborenen, in Paris aufgewachsenen Wahlschweizerin, Latifa Echakhch blieb zu sehr im Landschaftspflegerischen und hermeneutisch im Beliebigen, als dass die Arbeit wirklich hätte packen können.
Dass sie es auch präziser kann, hat Latifa Echakhch drei Jahre zuvor 2008 bei ihrem ersten Museumsauftritt im Rahmen der Themenausstellung „Shifting Identities“ am Zürcher Kunsthaus bewiesen. Unter den vier Arbeiten der Künstlerin war zum Beispiel eine 22 x 28 cm große Messingplakette mit der Gravur, „Alien of Extrordinary Ability“ zu sehen, eine einschließend-ausschließende Zuschreibung, mit der die U.S.-Einwanderungsbehörden VISA-Distinktionen vornehmen, eine Praxis, die mit dem Schild exponiert und konterkariert wurde. Auch die Fahnenmasten waren zu sehen. Die Ur-Version von Fantasia (Empty Flag) aus dem Jahr 2007 ist für einen Innenraum konzipiert. Auf Hüfthöhe sind Bündel von drei Meter langen schwarzen Fahnenstangen an der Wand…