Johannes Wendland
Lasst tausend Blumen blühen
Werkschau Lisl Ponger
Kunsthaus Dresden, 6.12.2008 – 8.3.2009
Die österreichische Künstlerin Lisl Ponger (* 1947) nimmt Kunst nicht nur auf einer formalen, sondern auch einer inhaltlichen Ebene ernst. Deshalb migrieren bei ihr weniger die Formen als die Themen. Die Dresdner Werkschau – erstaunlicherweise erst jetzt die erste größere Retrospektive in Deutschland – trägt den Titel „Lasst tausend Blumen blühen“. Ein Mao-Zitat, das sie ganz wörtlich nimmt. Für sie bot es den Anlass, die Kunstblumenproduktion im radikalkapitalistischen China genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Erzeugnisse werden dort, so hat sie herausgefunden, unter anderem von Gefangenen in Umerziehungslagern hergestellt. Der Minilohn der berühmt-berüchtigten Sweatshops dürfte dort noch einmal unterboten werden.
Das Thema liegt für eine Ausstellung in Dresden besonders auf der Hand. Nicht nur wegen der Transformationsgeschichte Ostdeutschlands, sondern auch, weil im Städtchen Sebnitz in der nahegelegenen Sächsischen Schweiz eine große Tradition der Seidenblumenherstellung gerade an den Wettbewerbsbedingungen der Globalisierung zerschellt ist. Es gäbe dort nur noch eine Schauwerkstatt mit einem Museum, wo man Kunstblumen aus chinesischer Herstellung erwerben könne, stellt die Künstlerin lakonisch fest.
Bei ihrem Besuch in Sebnitz hat aber noch etwas ganz anderes das Interesse der Künstlerin gefesselt, die sich seit vielen Jahren mit den Themen Ethnographie, Kolonialgeschichte und kulturelle, ethnische und nationale Stereotypenbildung befasst: Es gibt in Sebnitz ein kleines Afrikamuseum, das auf Initiative eines privaten Sammlerpaars vor einigen Jahren gegründet wurde. Und gerade völkerkundliche Museen mit ihrer speziellen Geschichte, ihren Wurzeln, die häufig bis in die Kolonialzeit zurückreichen, und ihren Formen der Zurschaustellung…