Vitus H. Weh
»La casa, il corpo, il cuore«
Konstruktion der Identitäten
Museum moderner Kunst Wien, 20er Haus, 24.6. – 10.10.1999
Die Ausstellung passt ideal zur Jahreszeit: Während sich scheinbar die ganze Welt in die Sommerfrische verabschiedet hat, die Almhütten ausgebucht sind und die Wochenendsiedlungen und Schrebergärten überquellen, zeigt auch das Wiener Museum moderner Kunst lauter Häuschen. Glaubt man der Ausstellung “La casa, il corpo, il cuore”, dann hat die zeitgenössische Liebe zum überschaubaren Haus allerdings einen handfesten philosophischen Hintergrund. Die grandes narratives seien uns abhanden gekommen, meint Lóránd Hegyi, der Kurator der Schau. Und mit diesen von Lyotard letztmals beschworenen verbindlichen Sinndeutungen und weitgreifenden Zusammenhängen auch das Vertrauen in den sozialen und kulturellen Umraum. Im Zuge der Globalisierung und Technisierung haben sich mit dem veränderten Orts- und Raumbegriff die Bedeutung und die Rolle des menschlichen Körpers und seine Identität gewandelt. Während sich das Subjekt vervielfältigt und mobilisiert, führen die kulturgeschichtlichen Veränderungen für die einzelnen Körper paradoxerweise zur Reduktion. Überspitzt gesagt hausen wir heute nur noch in Schwundstufen, führen gleichsam ein Gartenzwergenleben.
Der italienische Titel “La casa, il corpo, il cuore” (das Haus, der Körper, das Herz) beschreibt das Prinzip, nach dem sich heutige Identitäten konstruieren. Wie bei den bekannten russischen Puppen schachtelt sich dabei eine Hülle in die nächstgrößere: Das Häuschen brauchen wir, um unseren empfindlichen Körper zu schützen, diesen wiederum als Behältnis für das noch intimere Herz. Österreichisch: Ein Häuserl fürs Herzerl.
Es versteht sich von selbst, dass diese Beschreibungen metaphorisch sind. Natürlich steht jedem Bewohner eines westlichen Industrielandes heute durchschnittlich weit…