JENS KASTNER
Kurze Karrieren
MUMOK factory, 20.5. – 1.8.2004
Gründe dafür, eine Künstlerkarriere abzubrechen, gibt es sicherlich viele. Selten geworden sind Motive wie die von Charlotte Posenenske, die – wie schön symbolisch – im Mai 1968 ihr KünstlerInnendasein zugunsten eines Soziologie-Studiums aufgab: “Es fällt mir schwer”, schrieb sie, “mich damit abzufinden, dass Kunst nichts zur Lösung drängender gesellschaftlicher Probleme beitragen kann”. Wie die politischen, machten aber auch ästhetische Probleme und ihre Unlösbarkeit KünstlerInnen den Ausstieg schwer. Auch Lee Lozano erschien ihr “Dropout Piece” (1970), das Ende einer Serie aus “Language Pieces”, als schmerzliche Unvermeidbarkeit.
Wie Posenenske beendeten auch andere ihre Künstler-Karrieren, um andere, vielleicht längere, anzutreten. Aber aus anderen Gründen. Konrad Lueg, der zuvor mit Sigmar Polke und Gerhard Richter Kunst gemacht hatte, gründete 1967 die Konrad Fischer Galerie in Düsseldorf, die Mitglieder der Prager Künstlergruppe OHO sind als Kuratoren tätig, Goran Trbuljak wurde Filmemacher. Was diese Positionen gemein haben und wie die besondere Situation der Kunstszene der späten 1960er und frühen 1970er Jahre die künstlerischen Praktiken bis zur Überlegung ihres Aufgebens prägte, versucht die von Susanne Neuburger und Hedwig Saxenhuber kuratierte Ausstellung im Wiener MuMok auszuloten. Natürlich gibt es seit Duchamps großer Pause eine Menge an Beispielen für den Ausstieg auf höchstem Niveau. Die im MuMok gezeigte Auswahl von Positionen rechtfertigt sich zum einen “hausintern”, da sie auf den zeitlichen Bezug zur ständigen Sammlung setzt. Zum anderen aber wird auch deutlich, wie sehr der Post-68er-Kunstbetrieb bei werk- und institutionenkritischen KünstlerInnen strategische Fragen zuzuspitzten schien.
Bei allen der gezeigten zehn Positionen handelt es sich…