KURZ NACHGEFRAGT
Zum Kunsturteil II
Roland Schappert im Gespräch mit
Ulrike Groos, Museumsdirektorin
Ulrike Groos, Museumsdirektorin
Stefan Kraus, Museumsdirektor
Rik Reinking, Kunstsammler,
Kunsthändler, Kurator
Gesine Borcherdt, Kunstkritikerin und Kuratorin
Katia Baudin, stellv. Museumsdirektorin
Viele Beobachter sowie Beteiligte des Kunstbetriebs stehen vor einem Dilemma: Auf der einen Seite sind die Zeiten längst vorbei, als man sich an verbindlichen Normen, Kriterien, Werten oder gar an einem Kanon der Kunst und ihrer Geschichte orientierte. Auf der anderen Seite verdeutlichten spätestens die Debatten unserer jüngsten Vergangenheit über Moderne und Postmoderne die große Hilflosigkeit, wie denn einem Anything Goes zu entgehen und zu entgegnen sei – oder lapidar ausgedrückt: Kann denn nicht alles irgendwann als Kunst durchgewunken werden? Ja, oder? Der Autor dieser Zeilen kam zu der Überzeugung:
Direkte oder indirekte Urteile fällt fast jeder, der mit Kunst in Berührung kommt. Einer begründeten Bewertung von Kunst, unter Angabe von eigenen Fragestellungen, Interessen oder Kriterien, kann man ausweichen, was auch oft genug der Kunstkritik vorgeworfen wird. Dem Kunsturteil lässt sich dagegen kaum entkommen, solange man nicht schweigt und jeder selbstbestimmten Betrachtung aus dem Weg geht. Wer über einzelne Kunstwerke nachdenken möchte, muss individuelle Urteile treffen. Wer ein Kunstwerk bloß erfahren oder kaufen möchte, urteilt auch.
Im Sommer 2015 erschien der Kunstforum International Band 235 KUNSTURTEIL, der sich anhand von dreizehn Essays fachkundiger Autoren sowie mit vierundzwanzig Kurzgesprächen mit unterschiedlichsten Akteuren des Kunstsystems folgenden Fragen widmete:
Wie nähern wir uns der Kunst, begründen und bewerten wir unsere eigenen Empfindungen, Erfahrungen und Sichtweisen dessen, was wir als interessant erachten? Nach welchen Kriterien werden heutzutage die Werke ausgewählt, die…