Jolanda Drexler
Kurfürst Johann Wilhelms Bilder
»Sammler und Mäzen – Galerie und Kabinette«
Alte Pinakothek, München, 5.2. – 1.5.2009
Reinhold Baumstark verabschiedet sich als Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen mit einer prachtvollen und opulenten Barockausstellung, die zugleich die Anfänge der Alten Pinakothek erhellt. In über 300 erlesenen Gemälden ist das gesamte Sammlungsspektrum des in Düsseldorf residierenden Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz (1658–1716, Neuburger Zweig der Wittelsbacher Linie) repräsentiert, erstmals nach knapp 300 Jahren und passend zu dessen 350. Geburtstag. Quasi das ganze Museum strahlt wider im barocken Glanz und eröffnet dem heutigen, visuell überfütterten und abgestumpften Besucher ein unerwartet „sinnliches Panorama der Augenlust“ (Baumstark), wie es auch eine gerade in Zeiten wirtschaftlicher Rezession deutlich wachsende Sehnsucht nach Luxus und Glamour bedient. Diesen enormen, auf zweijähriger Forschungsarbeit basierenden Kraftakt bewältigte Baumstark gemeinsam mit seinem Kokurator Marcus Dekiert und zwei Volontären. Wenngleich ihm machtpolitisch nur zweifelhafte Erfolge in turbulenten Zeiten beschieden waren, brachte der leidenschaftliche Kunstliebhaber und Connaisseur Johann Wilhelm im Laufe eines Vierteljahrhunderts mehr als sechshundert Gemälde in seinen Besitz, zweifellos begünstigt durch weit verzweigte dynastische Verflechtungen, insbesondere durch seine Gemahlin Anna Maria Luisa de’ Medici mit dem toskanischen Hof und durch die Verschwägerung mit dem Kaiser in Wien wie auch dem König in Madrid. Seine Vorliebe galt den holländischen Feinmalern sowie den flämischen Großmeistern des 17. Jahrhunderts – er habe den größten Teil Flanderns leer gekauft, stellte der höfische Sprachsekretär Giorgio Maria Rapparini fest. Deutsche, französische und italienische Künstler kamen dagegen seltener zum Zug. Johann Wilhelms Agenten hatten Kunstwerke in ganz Europa…