KUNSTURTEIL
von Roland Schappert
Was verkündet das Kunsturteil? Wer urteilt über Kunst, und wie kommt es dazu? Sollte man überhaupt urteilen? Urteile über Kunst fällt fast jeder, der mit Kunst in Berührung kommt. Nicht nur Kritiker, Kuratoren, Sammler und Künstler, sondern auch Laien und der gute alte Kulturbanause. Einer begründeten Bewertung von Kunst, unter Angabe von eigenen Fragestellungen, Interessen oder Kriterien, kann man ausweichen, was auch oft genug der Kunstkritik vorgeworfen wird. Dem Kunsturteil lässt sich dagegen kaum entkommen, solange man nicht schweigt und jeder selbstbestimmten Betrachtung aus dem Weg geht.1
Folgen Kunsturteile allgemeingültigen Kriterien? Sind sie objektivierbar? Oder untermauern sie nur subjektiv ästhetische Empfindungen? Kann jeder Rezipient ein reflektiertes Kunsturteil fällen? Bedarf es hierzu bestimmter Fähigkeiten und eines speziellen Wissens? Fragen über Fragen.
Während der selbstlose Kunstfreund an eine Erkenntnisweise der Kunst glaubt oder das Kunstziel in andauernder Sensibilisierung der Wahrnehmung und unaufhörlicher Bewusstseinserweiterung zu finden vorgibt, vergnügt sich der intellektuell ewig unterschätzte Kulturbanause weiterhin an der puren Schönheit der künstlerischen Exkremente. Wie unterscheiden sich diese aber von anderen schönen Dingen? Was macht also Kunst zur Kunst und damit reif für unser Urteil? Wer spricht über sie, fordert und fördert sie? Wer bringt sie zum Urteil? Wer holt die Künstler ans Licht, verschafft ihnen Ausstellungen, wählt ihre Werke aus? Wer bezahlt die zuschreibende Kritik – falls diese Texte noch gelesen werden? An wen sind die Schriften über Kunst gerichtet, nach welchen Kriterien werden die Themen ausgewählt? Was treibt die unverzichtbaren Protagonisten an, die Sammler und Kuratoren, die den Kreislauf befeuern?
Wer Kunst ausstellt oder…