Kunstszenarien in Unternehmen
Seit Gegenwartskunst kein fragloses Statussymbol für kultivierten oder exzentrischen Geschmack mehr ist, sinkt auch das Interesse der Vorstände von Unternehmen, sie aus repräsentativen Gründen zu sammeln. Doch hat sie innerhalb der Unternehmenskultur weiterhin einen Zweck. Sie dient einem auf Dynamik, Kreativität und Innovation gestimmten Klima.
Strikt dem Wettbewerb unterworfene Unternehmen müssen Ressourcen und Produkte flexibel halten. Des Weiteren sehen sie sich nicht als bloße Wirtschaftseinrichtungen, sondern als kulturell bestimmte und bestimmende Sozialverbände, die im Kampf gegen Konkurrenten nur mit allzeit motivierten Einsatztruppen bestehen können. Gegenwartskunst trägt einen kleinen Teil dazu bei, die Truppen bei Laune zu halten. Sie wird zum Trainingsfeld für ein Denken in Widersprüchen, Umgang mit Kontingenzen, Meistern flexibler Strukturen, Mobilisierung des Erfahrungswissens.
Elisabeth Wagner hat die “Kunstszenarien in Unternehmen” am Beispiel der Konzerne Bayer, Daimler Benz und Siemens untersucht. Ihre Analyse gibt Einblick in drei Unternehmen, deren kulturelle Aktivitäten oft auf Sponsorentätigkeit verkürzt wird. Wagner führt in die Zielsetzungen und Schwerpunkte etwa des Siemenskulturprogramms ein und erläutert “Kultur” als Faktor der Unternehmensführung.
Anfang der neunziger Jahre initiierte die Führung von Siemens eine neue Personal- und Organisationsentwicklung. Das Ziel lag in der Produktivitätssteigerung, um neue Märkte in Südostasien und Amerika zu erschließen. Dazu war ein “Cultural Change” im Innern des Unternehmens notwendig. Der Anreiz und die Schulung zu eigenverantwortlichem Handeln, Teamfähigkeit, Risikobereitschaft sollte aus den Abteilungen eine “Flotte wendiger Boote” machen, deren Mannschaft dem Druck zur beschleunigten Innovation effizient nachkommt. Diese Prioritäten führten dazu, dass auch Gegenwartskunst gefördert wurde, die “dem Kunstmarkt vielleicht entgegen steht”, und dass musikalische und…