Justin Hoffmann
Künstliche Spiele
Künstlerwerkstatt Lothringer Straße, München,18.9. – 17.10.1993
Der Veranstalter, das Medienlabor München, drehte den Spieß einfach um. Die häufig geäußerte Kritik, die Arbeiten der Computerkünstler seien lediglich technische Spielereien, interpretierten sie als positive Qualität: Ja, wir zeigen Spiele, aber deshalb, weil sie in der Produktion und Rezeption der Kunst richtungweisende Maßstäbe setzen. Und wenn die Computerkunst heute als kindisch bezeichnet wird, dann ist das gut so, war doch die spielerische Phantasie der Kinder schon mehrfach für die Kunst des 20. Jahrhunderts anregend. Kreativität und Spiel gehören einfach zusammen.
Georg Hartwagner, Stefan Iglhaut und Florian Rötzer, die das Konzept von “Künstliche Spiele” entwarfen, schreckten deswegen auch nicht davor zurück, handelsübliche Automaten, wie wir sie von jedem gutbestückten Spielsalon kennen, in direkte Nachbarschaft zu Bill Seamans Apparatur aus Videodisk und Computer oder zu einem medizinischen Lernprogramm des IBE des Klinikums Großhadern zu stellen. Interaktive Kunst als Schmelztiegel von U- und E-Kunst? Das mag selbst Verfechter der neuen Medien provozieren, war man doch gewohnt, Kunst und Kommerz, Medienästhetik und Nintendo deutlich voneinander abzugrenzen. “Künstliche Spiele” demonstriert die Verwandtschaft der verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten der Universalmaschine Computer und versucht, sie als integratives Potential zu deuten. Auf jeden Fall gelingt es der Ausstellung, unser Augenmerk auf einen wesentlichen Aspekt der Neuen Medien zu lenken. Denn in der Tat ist die Relation Computer – Kunst – Spiel noch weitgehend ungeklärt. Bis heute wurde der spielerische Charakter vom dem, was gewöhnlich interaktive Kunst genannt wird, zu wenig beachtet und zu wenig mit der bereits von Johan Huizinga formulierten Idee…