Sigrid Feeser
Künstlerhäuser
Eine Architekturgeschichte des Privaten
Architekturmuseum, 15.9. – 26.11.1989
Spannend, so eine Ausstellung, spannend und lehrreich. Es ist wie eine lange, sentimentale Reise durch vier Jahrhunderte. Imagination und Realität zetteln die angenehmsten Kurzschlüsse an. “Künstlerhäuser – eine Architekturgeschichte des Privaten”: Schon der Titel verführt zu entspanntem Phantasieren. Man denkt an die Goethehäuser in Frankfurt und Weimar, vielleicht noch an die Villa Wahnfried in Bayreuth. Das Künstlerhaus, ein geweihter Ort.
Im Frankfurter Architekturmuseum freilich bekommt haltloses Schwärmen die kunsthistorischen Korsettstangen eingezogen. Hans-Peter Schwarz, der vor Jahren eine Dissertation zum gleichen Thema vorgelegt hat, verspricht die Bebilderung “eines der schönsten Themen der Architekturgeschichte”. Als prominenter Gewährsmann wird Jacob Burckhardt herbeizitiert, der es schon vor über hundert Jahren für lohnend hielt, “alle Reste und Nachrichten von sämtlichen Künstlerhäusern in Italien überhaupt zu sammeln”. Die Kunstwissenschaft ist ihm darin allenfalls partiell gefolgt.
Eine Pionierausstellung also, die sehr genau weiß, daß sie Neuland betritt. In Italien, dem Land, dem die “Erfindung” des neuzeitlichen Individuums zugeschrieben wird, beginnt der historische Teil des Frankfurter “musée imaginaire”, das vor allem eines ist: die Geschichte der Emanzipation des Künstlers aus den Zwängen städtischer und höfischer Bindungen. Ohne die Stein gewordene Visualisierung dieses Anspruchs, so die gar nicht einmal riskante These der Veranstalter, bliebe unser Bild vom modernen Künstler “unscharf und konturenlos”.
Das beginnt bei Mantegnas selbstbewußter Weigerung, im Mantuaner Herzogspalast Wohnung zu nehmen (was eigentlich ein Privileg war), und endete bei den retrospektiven, oft parvenühaften Selbstinszenierungen in den Villen von Malerfürsten wie Lenbach, Makart oder Stuck. In allen diesen Fällen geht es um…