Martin Blättner
Künstlerbrüder – von den Dürers zu den Duchamps
Haus der Kunst, 19.10.2005 – 22.1.2006
Zwei Köpfe, zwei Ansichten und eine Identität. “Ganjin”, die wandfüllende Fotoarbeit der Künstler-Zwillinge Doug und Mike Starn aus New Jersey zeigt zweiteilig die positiv und die negativ belichtete Statue von einem buddhistischen Mönch aus dem 8. Jahrhundert. Sie enthüllt nicht nur eine tiefgründige Hell-Dunkel-Symbolik, sondern wirft als Blickfang im Saal zugleich ein Schlaglicht auf eine Ausstellung, die sich zum Teil mit wissenschaftlicher Akribie (unterstützt von der Max-Planck-Gesellschaft) einem Thema widmet, das die Besonderheiten von “Künstlerbrüdern” (und Künstlergeschwistern) sozialgeschichtlich, psychologisch und humangenetisch befragt. Die Gefahr, dass bei einem derart ausgeklügelten Unternehmen der bildnerische Aspekt zu kurz kommt liegt auf der Hand. Die Kunstgeschichte vom frühen Mittelalter bis zum Barock, vom 19. und 20. Jahrhundert und von der zeitgenössischen Kunst (die 120 ausgewählten Werke sind je zu einem Drittel auf diese drei Epochen verteilt) liegt sozusagen auf dem Seziertisch der Wissenschaft, was befremden mag. Dennoch: auch wenn sich die künstlerische “Seele” oder die Mythologie der Paarbeziehung im offenen Labor verflüchtigen sollten und letztlich nur das bildnerische Endprodukt der doppelten Künstler zu sehen ist, so bleibt doch festzuhalten, dass der etwas andere Blick neue Zusammenhänge erschließen könnte. Das Zusammenspiel von Kunst und kunstfremder Wissenschaft ermöglicht Chancen zur Erforschung der künstlerischen Begabung und klärt womöglich gar am Ende, inwieweit auch die Gene daran schuld sind. In gewisser Weise vorgearbeitet hat übrigens in den 90er Jahren bereits Paolo Bianchi in seinen Dokumentationen für das KUNSTFORUM (Band 106/107) über Künstlerpaare, Künstler-Zwillinge und…