Irmtraud Schaarschmidt-Richter
Kunstbrief aus Tokio
Auch die japanische Kunstszene fühlt sich von der augenblicklichen weltweiten Rezession ein wenig gebeutelt, wenn auch nicht in dem Maße, daß die Galeristen ausschließlich darüber jammern würden. Shigeru Yokota von der Galerie gleichen Namens in Tokio-Minatoku meinte zwar, die Geschäfte gingen nicht sehr gut, es gäbe aber auch keine besonders interessanten neuen Künstler, doch das wäre durchaus positiv zu bewerten, damit habe sich die Hektik der letzten Jahre allgemein etwas gelegt. Das hätte den Vorteil, daß die einzelnen, die wirklich bedeutenden Künstler wieder mehr in den Mittelpunkt rückten und besser vorgestellt werden könnten. Dadurch würde man wieder mehr auf das Kunstwerk als einzelnes achten.
Yokota hatte dies auch bereits konkret umgesetzt. Von einem seiner Künstler, Tomoharu Murakami, den er besonders schätzt, hatte er in seiner, in einem ehemaligen Speicher untergebrachten, sehr weiträumigen Galerie nur drei Bilder aufgehängt, und dies tat den Bildern außerordentlich gut. Murakami – er ist auch in Deutschland kein Unbekannter, seine Ausstellungen in Bremen, Hamburg und Frankfurt waren recht erfolgreich – gehört zu jenen Malern, die aus einer tiefen Religiosität heraus arbeiten, ohne eigentlich religiös zu sein. Er ist offen für viele geistige Strömungen, seien sie christlich oder buddhistisch. Seine Bilder aber wachsen aus einer Tiefe, die das ganze All umfaßt, aus einer Dunkelheit, die das Licht in sich birgt: Mit kleinen Pinselschlägen setzt er Strich auf Strich, Schwarz über Schwarz, Schwarz über Grau. Auf anderen Bildern bricht es dann plötzlich hervor, rotglühend und doch gebändigt durch schwarzes “Gestein” – eine Ursituation. In der…