Thomas Wulffen
Kunst und schwule Kultur in den USA
»Wojnarowicz, Moffett, Gonzalez-Torres, Lindell«
NGBK, 24.2. – 30.3. 1990
Für den normalen Europäer bleibt die Kunstlandschaft der USA auf wenige, große Namen beschränkt. Er mag die alten bekannten Namen nennen wie Stella oder Judd oder er hat schon die jüngeren Künstler im Kopf wie Koons oder Bickerton. Damit sind Eckpunkte einer Kunstlandschaft benannt, deren wesentlicher Inhalt Produktion von Kunst zur Erhaltung von Kunst und deren System ist. Daß eine solche Sicht eindimensional ist, mag dem europäischen Betrachter erst vor Ort, in New York, aufgehen. In “Helmsboro Country”, so nennt Hans Haacke in Anlehnung an Marlboro Country und den erzkonservativen Senator Jesse Helms seine jüngste Ausstellung in der John Weber Gallery, mag allerdings allein schon die Ausstellung von deutlichen Arbeiten des Homosexuellen Robert Mapplethorpe zu einer politischen Aussage werden. Die Entscheidung der Regierung gegen die von Senator Helms eingebrachten inhaltlichen Vorbedingungen für eine staatliche Unterstützung hat die Situation zwar entspannt, dennoch bleibt die amerikanische Kunst in ihren Randbereichen eine politische Ausdruckskraft, die sich unterschiedliche Ziele setzt und unterschiedliche Mittel verwendet. Wer die letzten Ausstellungen von Ashley Bickerton bei Sonnabend, von Mark Dion bei American Fine Arts und von General Idea bei Koury Wingate gesehen hat, sah eine ökologisch orientierte Richtung amerikanischer Kunst, die die rein marktstrategisch operierenden Arbeiten ablösen könnte. Dennoch bleibt dabei ein wesentliches Moment der amerikanischen Kunstlandschaft unterschlagen, das sich unter dem Stichwort AIDS gegen eine offizielle Politik des Verschweigens ausspricht. Für den Europäer mögen allenfalls die Todesfälle von Robert Mapplethorpe, Keith Haring…