Amine Haase
Kunst und Natur
Domaine de Chaumont-sur-Loire, 1.7 – 19.10.2008
Ein Schloss an der Loire zeigt, wie historisches Bewusstsein und zeitgenössische Ideen miteinander zu verbinden sind: Die Domäne von Chaumont präsentiert Werke von Jannis Kounellis, Rainer Gross, Michel Séméniako sowie ein außergewöhnliches Garten-Projekt.
Die Schlösser der Loire gehören zu den beliebtesten Ausflugszielen. Gemäß dem am Gemeinwesen orientierten Verständnis einer Republik, sind die ehemals königlichen Anwesen öffentlich zugänglich, ja, sie konkurrieren miteinander um die Gunst der bürgerlichen Besucher – und prahlen mit den Statistiken: 750.000 Schlossbesucher für Chambord, 400.000 für Cheverny pro Jahr; aber gegen 35.000 Touristen täglich auf dem Pariser Eiffelturm kommt sowieso kein Schloss an. An der Loire kann man auf die Geschichte Frankreichs setzen, auf die schöne Landschaft, das gute Essen, den Wein – und auf die Parks und Gärten. Das Schloss von Chaumont-sur-Loire ist berühmt für seine alten Zedern, seine blühenden Gärten – und seine Intrigen-reiche Geschichte. 1559, nach dem Tod des französischen Königs Henri II, zwang Katharina von Medici die ehemalige Geliebte ihres Gemahls, Diane de Poitiers, ihr das Schloss von Chenonceau zu überlassen und für das kleinere Chaumont einzutauschen. Die wechselvollen Besitzverhältnisse zogen noch einmal Aufmerksamkeit und Gesellschaftsklatsch auf sich, als die Princesse de Broglie, geborene Marie Say, Erbin einer Zuckerdynastie, das Renaissance-Schloss 1917 kaufte und das Interieur nach ihrem Geschmack gestaltete. Ihre Extravaganz diente nicht zuletzt auch als Inspirationsquelle für einen Gesellschafts-Beobachter wie Marcel Proust. Die 1930 geschlossene Ehe der Prinzessin mit dem Infanten Louis Ferdinand war ein Beispiel für das, was der Autor von…