JÜRGEN RAAP
Kunst und Kapital: metaphorische Symbiose und politische Kritik
I.
“Marktwirtschaftliche Terminologien werden für die unterschiedlichsten Lebensbereiche angewendet, so als sei eine Gesellschaft ein Unternehmen, in dem alles … profitabel und produktiv zu sein hat”, heißt es im Ankündigungsblatt zur Ausstellung “Supermarkt” (1998) in der Züricher Shedhalle. “Neuerung macht Teuerung” lautet einer der Sinnsprüche des Berliner Künstlers Henrik Schrat als Kommentar zum Zeitgeschehen: Schrat kombiniert alte Sprichwörter als Überlieferung banaler Lebensweisheiten mit den Slogans aus der aktuellen Werbung, kontrastiert auf diese Weise verschiedene Ebenen, auf denen sich Bewusstseinswerte manifestieren – Bauernregeln contra Markenartikelfetischismus. Klaus Staeck montiert unverdrossen seine anti-kapitalistischen Bild-Text-Botschaften mit dem Anspruch, Formen der Kunst als Mittel der politischen Aufklärung einzusetzen und nicht nur zur Bestätigung der bereits vorhandenen Meinung von SPD-Anhängern (“Arbeiter! Die SPD will euch eure Villen im Tessin wegnehmen!”).
Die Künstlerprojekte zum Thema “Kunst und Kapital” decken eine Bandbreite zwischen wolkigen Utopien und konkreten politischen Aktionen ab: das “J&W Management Consulting”, das “strategisch mit dem Handel von Drittwelt-Produkten Geld aus einem spekulativen Kreislauf entziehen” will, proklamiert, es müsse zwar “die Macht des Geldes gebrochen” werden, aber das hieße “noch nicht, dass das Geld abgeschafft werden muss, sondern die Bedeutung des Geldes als einem Wirtschaftswert”1. Denn: “Geld ist ein Produkt menschlicher Kreativität …”, es solle nach Wilhelm Schmundt “jedem Menschen zur Selbstverwirklichung dienen”. Daher sei es notwendig, jegliches Geld bzw. Kapital “in eine demokratische Totalität” zu überführen. Wie das allerdings in der ökonomischen Praxis geschehen soll, bleibt jedoch offen.
Weitaus handfester setzen im österreichischen Graz Künstler die Beuys’sche Vokabel von…