Kunst und Kanon
Über Geld spricht man nicht. So hieß es gestern. Heute ist es gang und gäbe, über Zahlen zu reden. Auch in der Kunst. Rezensenten nennen in Tageszeitungen die Preise von Exponaten. Die Zeitschrift ARTinvestor stellt den Marktwert von Arbeiten einzelner Künstler sogar mittels Grafiken dar, die den Kurven von Aktienkursen ähneln. Da gilt das Werk eines Giacometti kurzerhand als sichere Bank. Doch so einfach ist es nicht. Anders als eine Aktie hat eine künstlerische Arbeit neben dem ökonomischen auch einen ästhetischen, historischen und womöglich praktischen Wert. Und der hängt nicht nur von Politik und Wirtschaft ab, sondern auch stark von Biografien und der Verständigung über kulturelle Werte.
Dieses Geflecht transparent zu machen, ist das Anliegen der Herausgeber von WertWechsel, eines trotz seines Umfangs von knapp 500 Seiten handlichen Taschenbuchs mit Aufsätzen und Interviews. Susanne Anna, Direktorin des Kölner Museums für Angewandte Kunst, sowie Wilfried Dörstel und Regina Schultz-Möller vom Zentralarchiv des deutschen und internationalen Kunsthandels fragen nach Wert bildenden Faktoren, ja, überhaupt erst einmal nach Definitionen von “Wert”. Antworten sollen vor allem Beiträge von Wissenschaftlern geben. So skizziert der Wirtschaftswissenschaftler Dirk Baecker die Geschichte des Begriffs “Wert”, sein Kollege Michael Hutter skizziert “das Verhältnis zwischen ökonomischen und ästhetischem Wert”, und die Kunsthistorikerin Anne-Marie Bonnet sorgt sich um die Aufgaben der Kunstgeschichte in Museen, die zunehmend marktgerecht agieren müssen. Neben diesen aktuellen Texten finden sich historische Beiträge wie Brian O’Dohertys “Galerie als Gestus” und Interviews mit Vertretern des Kunstbetriebs wie dem Galeristen Ivan Wirth. Der sieht die Dinge nüchtern: “Es…