Dokument aus dem Katalog
Kunst und Biologie
Wer, wie ich, für seine Arbeit und zum Vergnügen wissenschaftliche Laboratorien und die Ateliers von Künstlern aufsucht, wird sehr schnell auf einen seltsamen Umstand aufmerksam: zwischen den auf Kongressen und in Fachbüchern von Physikern und Biologen vorgeführten Bildern und denen, die von den Malern in Galerien aufgestellt werden, herrscht sozusagen eine Art “Vertrautheit”. Wenn man, durch diese Ähnlichkeiten angeregt, auf ihren Spuren der Sache ein wenig systematisch nachgeht, stellt man sehr schnell fest, daß das Phänomen in bezug auf bestimmte wissenschaftliche Abbildungen und gewisse Schulen der Malerei genereller Natur ist und für denjenigen, der den Ursachen dafür auf den Grund gehen will, ein echtes Problem darstellt.
Um so mehr, als man in einigen Fällen nicht nur von einfachen Ähnlichkeiten, sondern von einer potentiellen Fungibilität der Bilder sprechen kann. Mit anderen Worten, bestimmte wissenschaftliche Abbildungen und bestimmte ästhetische Verbildlichungen des 20. Jahrhunderts sind in jeder Hinsicht austauschbar. Den Beweis für diese Auswechselbarkeit habe ich auf einigen Vorträgen erhalten, als ich meinen Zuhörern – ich sprach gewöhnlich über die Bedeutung der naturwissenschaftlichen Illustration – ein neuartiges Quizspiel vorschlug. Ich projizierte fünf Bilder an die Wand und erklärte, daß drei davon wissenschaftliche Phänomene illustrieren würden und die anderen beiden Kunstwerke seien. Dann forderte ich das Publikum dazu auf, sie voneinander zu unterscheiden. Natürlich stammten allefünf Bilder aus den Labors und nicht aus den Ateliers, aber die Personen, die auf den Vorträgen ihre Meinung dazu äußerten, bestanden immer wieder darauf, einige, und zwar fast immer dieselben zwei Bilder, mit…