Kunst, Mensch und Raum
Eine kunstsoziographische Betrachtung der Kwangju-Biennale
Birgit Mersmann sprach mit Won-Il Rhee, dem Kurator für die Ausstellungssektion »Westliche Kunst« der Kwangju-Biennale
Birgit Mersmann: Die Kwangju Biennale 2000, das koreanische Start-up-Kunstfestival des neuen Milleniums in Asien, steht unter dem zukunftsträchtigen Motto “man + space”. Welche Bezüge und Wechselwirkungen zwischen Mensch und Raum verbergen sich konzeptionell hinter dieser Formel?
Won-Il Rhee: Da die diesjährige Kwangju-Biennale sowohl mit dem 20. Gedenktag des Kwangju-Aufstandes als auch mit der Jahrtausendwende zusammenfällt, lag der Gedanke nahe, den Menschen in seiner zivilisationsgeschichtlichen Entwicklung in den Mittelpunkt der Ausstellung zu rücken und nach den conditions humaines in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu fragen. Die Formel “man + space” entspringt unserer eigenkulturellen philosophischen Interpretation. Das chinesische Schriftzeichen “in” bedeutet Mensch, das Zeichen “kan” bezieht sich auf das Lebensumfeld, den Lebensraum des Menschen. Das aus zwei Elementen bestehende chinesische Schriftzeichen für “menschliches Wesen” wurde in seine Bestandteile zerlegt und mit einem Pluszeichen versehen. Die dadurch entstandene Formel verleiht nun verstärkt dem Wunsch nach einer Einbindung des Menschen in sein Lebensumfeld Ausdruck, nach einer Versöhnung von Mensch und Natur.
Zunächst kamen Zweifel auf, ob das Thema vielleicht nicht doch zu allgemein und zu philosophisch formuliert sei, doch schon bald zeigte sich, dass die Ausstellungskuratoren, die fünf geografisch definierten Kulturräumen zugeteilt worden waren, ebenso wie die von ihnen ausgewählten Künstler das Thema auf ihre Weise philosophisch und ästhetisch interpretierten. René Block zum Beispiel, Direktor des Fridericianums in Kassel, der für die europäische Abteilung zuständig war, bezog das Thema auf das Verhältnis…