Claudia Wahjudi
Kunst macht Arbeit
Die Wiener WochenKlausur in Berlin-Kreuzberg
Als der Bezirksbürgermeister die Diskussion im Kunstamt Kreuzberg eröffnete, hörten Erwerbslose, Kunstpublikum und Projektmitarbeiter des zweiten Arbeitsmarkts zu. Auf dem Podium saßen Vertreter von Senat, Bezirk, Servicegesellschaften und Banken, um “innovative Ansätze” in der Arbeitsförderung vorzustellen. Die allerdings fand das Publikum so innovativ gar nicht. Modelle wie kommunale Arbeitsagenturen seien zu eng gefaßt für die heterogenen Bedürfnisse von Erwerbslosen und die Gesetze zu langsam für die rasanten Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt.
Zur Diskussion hatte WochenKlausur gebeten. Die Wiener Künstlergruppe gastierte von März bis Mai bei dem Kreuzberger Kunstamt und der Neuen Gesellschaft für Bildende Künste, um eine ihrer “konkreten Interventionen” zu verwirklichen, die einen “Beitrag zu gesellschaftlich relevanten Themen” leisten sollen. Zu welchem Thema genau, entscheidet die Gruppe, die auf Einladung von Kunstinstituten aktiv wird, nach Recherchen vor Ort. In Kreuzberg ging das schnell: “Arbeit-Arbeitslosigkeit” hieß hier das Motto. Schließlich beträgt die offizielle Erwerbslosenquote in dem 150.000 Einwohner starken Berliner Bezirk rund dreißig Prozent. Besonders hoch ist sie bei den Kreuzbergern türkischer Herkunft, zu denen jeder dritte zählt, und so schreiben Zeitungen gern von einer “Verslumung” des Stadtteils, reagieren Berliner Politiker mit Vorschlägen wie einer Zuzugssperre für Ausländer. Das Ziel der Wiener dagegen: eine zweisprachige Beratungsstelle samt einem “Think-Tank” und Erwerbslosencafé.
Sieben Projekte hatte die Gruppe andernorts bereits realisiert. WochenKlausur startete 1993 an der Wiener Secession und organisierte dort einen Bus, der Obdachlose medizinisch versorgt. Der fährt noch heute, finanziert von der Caritas und der Stadt Wien. In Zürich gründete die Gruppe eine Notschlafstelle…