Geza Hajós
Kunst kontra Natur?
Gartenästhetik und Naturschönheit
Unweit von Klosterneuburg außerhalb von Weidling entdeckt der Reisende eine bescheidene Hinweistafel mit der Inschrift: »Biotop: wir machen aus den Gärten Lebensräume«. Ein lapidarer Satz, hinter dem sicherlich keine philosophischen Überlegungen versteckt sind; es soll nur einfach heißen: genug von der gestalteten (d.h. vergewaltigten) Natur, anstatt Ästhetik müssen Lebensräume her, denn Lebensräume sind – wenn sie biologisch richtig funktionieren – an sich schon schön. »Im Garten muß die Natur der Meister sein« – zitiert Klaus Spitzer, Herausgeber des Buches »Grün in der Stadt« den »wilden« Gärtner Louis Le Roy – »und der Besitzer ist der Lehrling. Der Lehrling ist beim Meister zu Besuch. Als Gast unterwirft man sich den Regeln des Hauses«.1 In der überlieferten Ästhetik, also in allen bisherigen Gartentypen galt »Gestaltung als Symbol menschlicher Herrschaft« – schreibt Spitzer weiter – daher muß im neuen ökologischen Gartentypus, der eigentlich nicht mehr Garten, sondern Lebensraum heißen soll, das menschliche Element abgebaut werden. Der personifizierten Natur als »Meister« soll das Feld überlassen werden; und herrschte bis jetzt der Mensch, so soll ab jetzt auch im Bereich der Ästhetik die Natur »herrschen«, denn ohne Herrschaft geht es offenbar nicht. Der Garten, der jahrhundertelang als künstlerischer Topos einen wichtigen Bereich für die Auseinandersetzung des Menschen zwischen Kunst und Natur bedeutete2, dieser Garten scheint veraltet zu sein, er ist schon seit längerem scheinbar in eine Krise geraten. Garten als ideale Naturordnung erregt heute die Gemüter, denn es geht ja nicht mehr um das Ordnungsschaffen, sondern bloß um das…