Kunst, Kommerz und Kolportage
Von Stephan Schmidt-Wulffen
Wer gedacht hat. die Zeit der Manifeste sei vorüber, sieht sich getäuscht: ..Ein Manifest für Mai in Paris” kursierte auf dem letzten Kölner Kunstmarkt. Paris, erfuhr man dort, vibriert nicht nur. es bebt, es kocht. Paris (ich kann meiner eigenen Übersetzungskompetenz noch immer nicht ganz glauben, aber man wird es wohl so verstehen müssen) sei der echte Kern einer geradezu atomaren Explosion der Gegenwartskunst. Wer immer an der Bombenstimmung teilhaben wolle, der solle sich im MAI in Paris einfinden. Über den brisanten Humor der hier werkelnden Werbestrategen ist zumindest soviel schon klar, daß es sich bei diesem Mai keineswegs um den gleichnamigen Frühlingsmonat handeln kann, daß aber ..der” Mai. jener revolutionäre Frühling durchaus assoziativ verwurstet werden soll, wenn vom neuen “Marche d’Art International” die Rede ist. – Mit solch apokalyptischem Humor wird da also eine neue Kunstmesse aus der Taufe gehoben, die nun endlich (man ahnt das schon) Spaß machen soll. “Weniger Mumien und mehr Torheiten”. versprechen die sechs Unterzeichner, unter ihnen Adrien Maeght und Six Friedrich. “Wir werden über Kunst und Geld ohne Scham sprechen und ohneTabus.” Und schließlich läßt sich das Raisonement für die neueste Messe in Europa auf den Schlachtruf zusammenziehen: Alle Macht den Galerien!
Das ist keinesfalls neu, gibt allerdings in seiner Geschmacklosigkeit zu denken, mit der hier Kunst und Kommerz, Revolte und Untergang über einen Leisten geschlagen werden. Mehr im Verborgenen basteln auch zwei andere Städte am eigenen Kunstmarkt. Stuttgart und Frankfurt.
Kunst hat zweifellos Konjunktur. Nicht nur. daß sie (recht) gut…