Wenn sich im Kölner Dom niederländische oder japanische Touristen den Dreikönigsschrein oder die Gnadenmadonna erklären lassen, bleiben die Kunsthistoriker des städtischen Museumsdienstes außen vor, ebenso die privaten Anbieter von Stadtführungen. Rund 6 Mill. Besucher werden pro Jahr in der Kathedrale gezählt, und ein beachtlicher Teil von ihnen nimmt gerne fachkundige Erläuterungen in Anspruch. Führungen dürfen jedoch nur Kräfte mit spezieller Lizenz der Domverwaltung durchführen. Auch andernorts sichern sich die Veranstalter das Monopol für Führungen und andere didaktische Veranstaltungen. Bei der documenta sind die Einnahmen aus dieser Serviceleistung (150 Euro pro Gruppe) im Etat fest eingeplant, weshalb fast nur eigenes Personal die Bilder erklärt. Weitere Führungen kommerzieller Reiseveranstalter werden nur in sehr geringem Umfang genehmigt, und Ablehnungen häufig mit dem großen Publikumsandrang begründet. Dagegen klagte der Münchener Reiseanbieter „Studiosus“ vor dem Kasseler Landgericht. Externe Reiseleiter würden in ihrer beruflichen Freiheit eingeschränkt, heißt es in der Klageschrift. „Studiosus“ will auf dem Rechtsweg erreichen, dass künftig alle Reiseleiter ungehindert mit ihren Gruppen die documenta frequentieren können. Das Urteil stand bei Redaktionsschluss noch aus und dürfte erst für die documenta 2012 relevant sein.
Dass solche kunsttouristischen Großveranstaltungen für den jeweiligen Standort von enormer ökonomischer Bedeutung sind, belegen die Besucherzahlen: 50 Tage nach der Eröffnung zog die „documenta 12“ eine Halbzeitbilanz mit der Rekordzahl von bislang 330.000 Besuchern. Zur Münsteraner Skulpturenschau waren bis zur Hälfte der Laufzeit 225.000 Kunstpilger angereist. Die Berliner Impressionistenschau lockt pro Tag 10.000 Kunstfreunde an, die sich in engem Gedränge an Manet und Matisse vorbeischieben. Die wirtschaftlichen Sekundäreffekte solcher Mammutausstellungen sind enorm…